Zu den Besonderheiten einiger konischer Schalmeien und bestimmter Dudelsackinstrumente der Musikinstrumentensammlung der Hochschule für Musik des Saarlandes
(Entstanden im Jahre2010; vorgesehen als Vortrag an der Musikhochschule des Saarlandes in Saarbrücken)

In meinem letzten Vortrag hatte ich über bestimmte Besonderheiten von zylindrischen Schalmeien aus meiner Werkstatt gesprochen und habe nun vor, über ebensolche von mir hergestellten Instrumente, aber eben in konischer Bauart, zu berichten.
Zu den zylindrischen Instrumenten konnte ich darlegen, dass es dabei unter dem von mir stets in den Vordergrund gerückten Aspekten musikinstrumenteller Technikentwicklung und musikinstrumenteller Systematik, nicht nur Neues, sondern auch prinzipiell Neuartiges zu vermerken gab, welches ich damals auch entsprechend gekennzeichnet und charakterisiert hatte.
Das verhält sich nun bei meinen konischen Schalmeien die ich Ihnen hier vorstellen möchte etwas anders. Bei diesen lassen sich zwar auch eine Reihe von speziellen Besonderheiten und Weiterentwicklungen vermerken, - aber wohl kaum derartige „Neuartigkeiten“ hervorheben.
Ich habe mir diesmal aber vorgenommen, außerdem auch über bestimmte Dudelsackinstrumente aus meiner Werkstatt zu sprechen, unter denen sich sowohl solche mit diesen konischen, als auch solche mit zylindrischen Melodiepfeifen befinden. Und hinsichtlich dieser komplexeren Instrumente möchte ich Sie heute ebenfalls mit bestimmten musikinstrumentellen Besonderheiten konfrontieren, von denen einige wohl auch als besondere Novitäten in der bisherigen Geschichte der Herstellung von Dudelsackinstrumenten gelten können.
Nun aber zunächst zu den von mir hergestellten konischen Schalmeieninstrumenten.
Es handelt sich im Wesentlichen um drei Instrumententypen verschiedener Größe.
Einmal um die große Schalmei in G-Stimmung, von der ich Ihnen zwei Exemplare mit unterschiedlichen Schallbechern zeigen kann, dann um ein weitaus kleineres Instrument in Bb und letztlich um ein ungewöhnlich kleines Instrument in C-Stimmung.
Ich möchte Ihnen nun zu diesen Schalmeien zunächst nur solche Besonderheiten vorführen und erläutern, welche bei allen dreien dieser unterschiedlichen Instrumententypen anzutreffen sind.

Diese außergewöhnliche Bestrebung bringt dann aber auch ganz bestimmte Probleme mit sich, auf die ich nun, zunächst vor allem im Zusammenhang mit weiteren spezifischen Besonderheiten meiner großen „G-Schalmei“, näher eingehen möchte.
Dudelsackpfeifen in dieser Größe waren die ersten konischen Schalmeien die ich für die verschiedensten Musikanten hergestellt habe. Sie waren damals, im Unterschied zu den inzwischen von mir gebauten Instrumenten dieser Art, zunächst noch mit einem speziell gedrechseltem Schallbecher ausgestattet, wurden mit speziell zurechtgemachten Oboenrohren aus arundo donax betrieben und verfügten auch noch über etwas anders konzipierte Tonloch-Mensurverhältnisse; - ohne Doppellochbohrung und ohne die Konzeption einer Überblasklappe.
Instrumente dieser Art gehörten in den achtziger Jahren zweifellos zu den verbreitetsten Schalmeieninstrumenten in der DDR und wurden alsbald sowohl in den verschiedensten Musikfolklore-Gruppen, als auch in dem später von mir gegründetem speziellen Dudelsackensemble „Deutsche Dudelsackspieler Runde“(01)verwendet.
Dass diese Instrumente von mir für die Tonart G-Dur konzipiert waren, obwohl ich – aber dann auch verschiedene andere damalige Interessenten an der Herstellung solcher Instrumente in der DDR - zunächst von der Größe und vom Konus der Melodiepfeife einer französischen Cabrette aus meiner Sammlung (02)(also einer, auch entsprechend für F-Dur möglichen Instrumentenvorlage) ausgegangen waren, hatte seinen Grund darin, dass in der damaligen Szene von jüngeren Neofolkloristen dieses Landes, anfänglich (wohl auch im Zusammenhang mit der damaligen Dominanz von bestimmten, dort, zunächst oft nur in einfachster Spielweise verwendeten Saiteninstrumenten) eben vorwiegend „Kreutztonarten“ genutzt wurden. Das war aber nun in der bereits 1977/78 entstandenen Dudelsackgruppe „Windbeutel“, in welcher von Anfang an ein ganz spezieller,in Es-Dur stehender Bock(03), aber dann auch zunehmend bestimmte, von mir besonders geliebte und eben für Bb-Tonarten auch eher geeignete Instrumente, wie Eb-Alt-Horn, Eb-Klarinette und später auch Eb-Sopranino-Saxophon, eine weitaus dominierendere Rolle spielen konnten, völlig anders. Ich habe also alsbald auch eine entsprechend kleinere konische Schalmei für entsprechende Bb-Tonarten entwickelt, welche dann aber immer wieder nur in meiner Gruppe verwendet wurde, aber(04) bemerkenswerter Weise kaum noch auf weiteres Interesse innerhalb der sonstigen Musikfolkloreszene der DDR traf. Dort dominierten inzwischen die entsprechenden großen Schaperpfeif-Dudelsäcke in G-Dur, mit denen dann auch der damals in der DDR vor allem von Roman Streisand alsbald eingeleitete Boom von „Mittelalter-Veranstaltungen“, sowohl optisch, als dann auch zunehmend musikantischer werdend(05), begleitet und umspielt wurde.
Man könnte nun, wenn man beispielsweise die ebenfalls in Bb stehenden großen schottischen Dudelsäcke im Sinn hat, bedenken, dass doch also auch Instrumente in dieser Tonart für lautstarkes und aufsehenerregendes Freiluft-Dudelsackgeschehen bestens geeignet sind, denn diese großen „Hochland-“ oder auch „Kriegs-Pfeifen“ genannten Instrumente, beweisen dies schließlich. Aber sie beweisen es eben mit ganz anderen, sehr laut und martialisch wirkenden Melodiepfeifen, deren Klangeigenschaften ich bei meinen Instrumenten gerade nicht im Sinn hatte. Bei den von mir für diese Tonlage konzipierten konischen Schalmeien, handelt es sich letztlich um etwas ganz anderes, - eigentlich eher um einen gezielt beabsichtigten Gegenentwurf zum schottischen Chanter.
Meine prinzipiell leiser klingenden Schalmeien in Bb haben nicht nur einen ganz anderen Tongenerator, sondern auch eine schlankere konische Bohrung und hinsichtlich ihrer Grifflochbohrungen auch andere Mensurverhältnisse und sie können zudem auch über eine Überblas-Klappe(06) verfügen, mittels derer dann auf ihnen auch ein weitaus größerer Tonumfang als auf der schottischen Dudelsack-Melodiepfeife gespielt werden kann. Zudem müssen sie (entsprechend ihrer ganz anderen Tonlochanordnung) auch in einer besonderen - hier bereits geschilderten- Griffweise gespielt werden, welche den speziellen Dudelsackgriffen der schottischen Instrumente zwar ähnelt, aber eben diesen doch nicht gleich ist.
Und diese Instrumente wurden – wie ich bereits deutlich gemacht habe – auch im Sinne einer dreifachen Einsatzmöglichkeit konzipiert: Einerseits als Meldodiepfeife eines Dudelsackes und andererseits als mundgeblasene Schalmei, entweder mit Windkapsel, oder eben auch als ein direkt mit Lippenansatz gespieltes Instrument. Die Verwendung als Dudelsackpfeife werde ich Ihnen hier noch vorführen, wenn ich dann auch über diese komplexen Instrumente spreche. Jetzt möchte ich Ihnen zunächst wieder – wie bereits an der großen G-Schalmei gezeigt – die Unterschiedlichkeit von „indirektem“ und „direktem“ Mundansatz vorführen. Also einerseits den Bläseransatz mit Hilfe einer Windkapsel, bei dem die beiden Halbmembranen des Tongenerators, wie beim Dudelsackspiel, frei schwingen können und nur unserem Luftdruck unterliegen, und andererseits den Ansatz mit Hilfe unser Lippen, bei denen diese Halbmembranen auch dem Lippendruck unterliegen, also sozusagen „oboenartig“ angeblasen werden, vorführen.
Dazu aber zunächst bestimmte Vorbemerkungen:
Von manchen meiner Dudelsackschüler an der Berliner Schostakowitsch Musikschule, bei denen ich in der Regel die ersten Griffe der Melodiepfeife noch nicht am Dudelsack, sondern zunächst eben mittels einer mundgeblasenen Windkapsel üben ließ, wurde ich manchmal gefragt, was denn dann der Vorteil eines Dudelsackes sei – da man doch auch so dudelsackartig spielen kann…Ich habe diese Frage nie als etwas Unüberlegtes zurückgewiesen, sondern stets die Gelegenheit genutzt hier auch weiterreichende prinzipielle musikantische Unterschiede zu verdeutlichen: Dass man nämlich mit dem Dudelsack endlos dudeln, aber mit den meisten Dudelsackinstrumenten doch kaum exaktes Stakkato oder deutliche Pausen spielen kann, wohingegen man mit der Windkapsel ganz exakte Melodiepausen und vielfältiges Stakkato, aber eben nicht so ohne weiteres ein endloses „Dudeln“ zustande bringen wird. Ein entsprechendes „Dudeln ohne Sack“ wird erst dann möglich, wenn man sich wiederum mit den Besonderheiten der so genannten „zirkulierenden“ oder auch „permanenten“ Atmung näher vertraut machen würde. Und so etwas – also quasi „Dudelsackmusik ohne Säcke“ - gibt es ja schließlich. Eine ganz spezielle Musikkultur, die wir auch in Europa finden können; beispielsweise auf Sardinien. Es geht also beim Spiel mit der Windkapsel zunächst um den Klang einer Dudelsackpfeife in Verbindung mit Melodiepausen und Stakkatomöglichkeiten, wohingegen wir es bei einer mit direktem Lippenansatz angeblasenen Schalmei zwar auch mit der Möglichkeit von Melodiepausen und bestimmten Stakkatospielweisen, aber eben nicht mehr mit den Klangbesonderheiten einer Dudelsackmelodiepfeife zu tun haben. Im Sinne dieses Unterschieds haben wir es dann also eigentlich doch mit einem Musikinstrument ganz anderer Spezifik zu tun. Und dieser Unterschied muss uns noch deutlicher werden, wenn wir zudem bedenken, dass wir mit Hilfe dieser „lippendirekten“, also eben auch „oboenartigen“ Spielweise nun nicht nur zu wieder ganz anders gestaltbaren Stakkatospielweisen, sondern nun auch zu einem ganz andersartigen Vibrato in der Lage sind. Dies alles ist jedoch wiederum mit Schwierigkeiten besonderer Art verbunden, so dass ich zwar denke – wie ich ja bereits deutlich gemacht habe – dass diese ganz andere Spielweise auch an einer für den Dudelsack vorgesehenen Melodiepfeife nutzbar erhalten bleiben kann, aber dann wohl nur von wenigen Spielern auch in musikalisch wertvoller Weise zu verwirklichen sein wird. Denn wer sich an so etwas wagt, hat es eben doch wieder mit weitaus vielfältigeren musikantischen Problemen und Besonderheiten zu tun, als sonstige Dudelsackspieler. Zunächst muss er sich gründlich mit den spezifischen Anforderungen beschäftigen, die ansonsten nur Oboenspielern oder bestimmten anderen Schalmeienspielern abverlangt werden und den Dudelsackspieler doch eigentlich gar nicht berühren. Nämlich mit den besonderen „Virtuosenanforderungen“ die an das oboenspezifische intensive Training von dessen Mund- und Lippenmuskulatur gestellt werden, welches dort auch durchaus aufwändiger und mühsamer ausfallen kann, als vergleichsweise die Übungsbemühungen in Hinsicht auf Atem- und Fingertechnik eines Oboisten. Aber der vom Dudelsack oder dem Windkapselspiel herkommende Musikant hat, wenn er seine Melodiepfeife nun tatsächlich auch auf diese Weise spielen möchte, jeweils noch ein anderes Problem zu beachten, welches ich nun in folgender Weise deutlich machen möchte: Wenn wir auf einer gut eingestimmten Oboe versuchen wollen, diese auch einmal mit einer Windkapsel anzublasen so können wir ohne Weiteres die Erfahrung machen, dass dies durchaus möglich ist. Dann, wenn wir weiter in dieser Richtung experimentieren (und ich habe so etwas natürlich immer wieder, auch mit den unterschiedlichst gestalteten Windkapseln getan) werden wir die Erfahrung machen, dass es sich dabei anbietet, nun auch das Doppelrohrblatt den entsprechenden Windkapselbedingungen anzupassen, damit es dort entsprechend „besser anspricht“. Dabei aber kann nun dieser, zuvor doch für den direkten Lippenansatz eingerichtete Tongenerator, für diesen Ansatz wiederum verdorben werden. Und letztlich werden wir dann auch immer wieder die Erfahrung machen müssen, dass die Oboe eben doch nicht über eine, für einen Windkapsel-Ansatz geeignete Anordnung ihrer Grifflöcher verfügt. So gespielt, werden wir letztlich feststellen müssen, dass das Instrument dafür eben einfach nicht eingerichtet ist und eben auch „nicht richtig stimmt“. Ich würde also auch niemals vorschlagen wollen, etwa mit einer Oboe in dieser Weise umzugehen, oder etwa an ein in diesem Sinne neu zu konzipierendes Instrument dieses Kalibers zu denken. Aber das Umgekehrte – nämlich eine entsprechende konische Dudelsackpfeife, auch noch für die Möglichkeit eines Lippenansatzes in Betracht zu ziehen – schlage ich hier doch vor, und möchte es auch sogleich vorführen. Diesen Widerspruch – oder eben auch den entsprechenden konfliktreichen Vorschlag, so etwas doch zu versuchen, kann ich nun nur in folgender Weise näher auflösen und vielleicht auch weiter verteidigen. Ich denke die Erfahrung gemacht zu haben, dass ein solcher musikinstrumenteller Funktionswandel zwar in Hinsicht auf ein Instrument in der Größe einer Oboe, sicherlich ziemlich aussichtslos bleiben wird, sich aber bei den von mir ins Auge gefassten, weitaus kleineren Kalibern solcher, etwa eine Oktave höher angelegten, kleineren Dudelsackpfeifen, doch vielleicht in Form eines Kompromisses praktikabel bewältigen, und dann auch in einer musikantisch vertretbaren Art und Weise, gestalten lassen wird. Wer sich jedoch an dieses Abenteuer wagt, wird im entsprechenden Umgang mit diesen, sozusagen „multivalent“ konzipierten, kleineren Schalmeien, noch etwas ganz Bestimmtes beachten müssen. Wenn er seine vielleicht genau auf 440 Herz eingestimmte Dudelsack-Melodiepfeife zunächst innerhalb eines Musikstückes mit Dudelsack oder Windkapsel eingesetzt hat und dann also auch noch mit direktem Lippenansatz spielen möchte, so sollte er dafür dann den Tongenerator seiner Schalmei etwas tiefer in das Instrument einführen, - es also nun entsprechend „umstimmen“. Auf diese Weise wird er es dann auch mit Hilfe eines gut trainierten Lippenansatzes entsprechend „stimmig“ weiterspielen können. Bei dieser dafür notwendigen Verfahrensweise wird sich dann auch die hier von mir besonders zu empfehlende, zusätzlich aufgesetzte Feinstimmeinrichtung als vorteilhaft erweisen können. Diesmal nicht, weil damit etwa der entsprechende Tongenerator sicher geschützt innerhalb des Instrumentes verbleiben könnte – denn gerade das kann er ja nun, wenn er mit direktem Lippenansatz genutzt werden soll, nicht mehr - sondern deswegen, weil die für diesen Ansatz zuvor einzurichtende Positionsveränderung des Tongenerators, jetzt mit Hilfe dieser Zusatzeinrichtung, weitaus sicherer und auch entsprechend einer zuvor dort genau zu markierenden Position ganz exakt ausgeführt werden kann. Eben sicherer als ohne diese Feinstimmeinrichtung.
All dies werde ich nun versuchen Ihnen an diesem in Bb gestimmten Instrument auch vorzuführen. Was ich damit an dieser kleineren Schalmei in Bb verdeutlichen will, kann natürlich auch in Bezug auf die nun hier noch zu behandelnde kleine C- Melodiepfeife bedacht werden, wobei ich dazu sogleich anmerken möchte, dass bei diesem besonders kleinen Instrument, gerade das Anblasen mit Lippenansatz, wiederum noch problematischer werden kann, also noch weitaus intensiver trainiert und „erübt“ werden muss.
Wenn ich nun noch weiter über dieses besonders kleine Instrument in C-Stimmung spreche, so muss ich auch auf weitere Besonderheiten und Unterschiede zwischen der großen G-Schalmei und diesen beiden kleineren Instrumenten in Bb- und C- Stimmung hinweisen. Und dazu muss ich nun auch wieder etwas weiter ausholen.
Meine ersten Versuche der Herstellung einer entsprechenden kleineren Schalmei in Bb erfolgten - ebenso wie bei meiner großen G-Schalmei - anfänglich natürlich mit ganz normalen Oboenrohren, welche allerdings jeweils für den Windkapselansatz „speziell zurechtgeschabt und eingerichtet“ werden mussten. Insofern verwendete ich dabei natürlich auch immer wieder die dafür üblichen konischen Messinghülsen dieser Tongeneratoren. Also eben solche konischen Messinghülsen, welche man normaler weise von jedem Oboisten, oder auch im Musikinstrumentenhandel erhalten konnte. Dabei musste ich aber alsbald die Erfahrung machen, dass einem da auch durchaus signifikante Mensurunterschieden bei diesen Tongeneratoren begegnen können und zuweilen war dann in der DDR auch die Rede davon, dass es eben unterschiedliche Lehrmeinungen im Hochschulfach Oboe (etwa in Berlin, Leipzig oder auch Dresden und Weimar etc.) gäbe, was sich dann auch auf bestimmte Unterschiede bei diesen Tongeneratoren auswirkte. Solche Unterschiede – wie sie in etwa auch begründet sein mögen – konnte man leicht an den verschiedenen Gesamtlängen solcher Oboenrohre feststellen, dann aber auch, sobald man eben näher in dieses Problem, bzw. dann auch in diese Tongeneratoren selbst „eindrang“, in signifikanter Weise hinsichtlich der da verwendeten konischen Messing- oder Neusilberröhren vermerken, wo ebenfall unterschiedliche Längen, aber auch ganz unterschiedliche Qualitäten in Gebrauch waren. Aus meiner Sicht handelte es sich da bei den überaus exakten konischen Oboenhülsen der Firma Klopfer, um das Beste was man überhaupt bekommen konnte.(07)
Aber letztlich eigneten sich doch – trotz dieser zu vermerkenden Maßhaltigkeits- und Qualitäts-Unterschiedlichkeiten - mehr oder weniger alle für Oboe vorgesehenen konischen Metallhülsen ohne große Veränderung, für die Herstellung von Tongeneratoren für meine G-Schalmeien.
Von solchen, also innerhalb der „Varianzbreite“ von Oboentongeneratoren mensurierten, Metallhülsen bin ich dann auch bei der Herstellung von Tongeneratoren für meine ersten kleinen Schalmeien in Bb ausgegangen und bin damit zunächst auch einigermaßen zu recht gekommen, - aber alsbald eben auch auf erhebliche Schwierigkeiten gestoßen. Schwierigkeiten, die sich auch dann nicht bewältigen ließen, wenn man diese Hülsen etwa kürzte. Insbesondere bei meinen Bestrebungen nun auch einem solchen kleineren Instrument musikantisch nutzbare „Überblaseigenschaften“ zu entlocken, ergaben sich immer wieder bestimmte Probleme. Bei den größeren Schalmeien war dies ja weitaus unproblematischer.
Zu diesen kleinen Schalmeien in Bb, mit denen ich dann zusammen mit meiner Gruppe, neben vielen öffentlichen Auftritten, auch bestimmte Studioaufnahmen für den Rundfunk der DDR machen konnte, hatte ich aber bereits angemerkt, dass diese Instrumente damals letztlich doch auf kein weiteres Interesse innerhalb der neueren Musikfolkloreszene der DDR gestoßen sind.
Das verhielt sich nun in Hinsicht auf den Wunsch nach einer kleinen Schalmei in C-Stimmung völlig anders. Etwa in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre entstand da ein deutliches Bedürfnis nach einem solchen kleineren Instrument, welches sowohl als tonartverwandtes Ergänzungsinstrument zur inzwischen allgemein üblichen Schalmei in G, aber eben auch als Instrument mit einer wiederum besonders „praktikablen“ Tonart und letztlich eben auch als ein handliches, sympathisches „Kleininstrument“ (etwa wie die damals auch in der DDR unter den Neofolkloristen immer beliebter werdenden kleinen irischen Blechflöten von D bis G) durchaus erwünscht wurde. Jedenfalls sind mir solche Wunschvorstellungen desöfteren seitens verschiedener folkloristisch orientierter Instrumentalisten, die eben an einer Schalmei in Bb nicht, oder kaum interessiert waren, begegnet.(08)
Ich weiß nun weder ob andere, damals auf die DDR-Folkloreszene orientierte Dudelsack- und Dudelsackmelodiepfeifen Hersteller, von denen es ja zu diesen „Vor-Wendezeiten“ bereits mehrere gab, damals noch in dieser Richtung aktiv geworden sind, und ich weiß (eben auch auf Grund der sich alsbald rapide verändernden und mich dann auch in besonders stringenter Weise bereffenden Veränderungen der politischen und kulturellen Verhältnisse) schon gar nichts mehr darüber, ob es dann auch nach 1990 etwa in Ostdeutschland noch erfolgreiche Bemühungen um ein solches „Kleininstrument“ gegeben hat. Von mir selbst aber weiß ich, dass mir dieses zunächst ganz optimistisch angegangene Vorhaben, zu DDR-Zeiten überhaupt nicht gelingen wollte. Mir schien, dass ein in dieser Größenordnung erwünschtes solides Schalmeieninstrument mit den eigentlich doch für Oboe konzipierten konischen Metallhülsen, kaum noch optimal zu verwirklichen sein wird. Die Schwierigkeiten bzw. die entsprechenden „musikinstrumentellen Konstruktions-Begrenztheiten“, die sich da bereits bezüglich meines Instrumentes in Bb abgezeichnet hatten, schienen mir nun, bei dem weitaus kleineren C-Instrument noch deutlicher hervorzutreten. Bei diesem Instrument stand ich also alsbald vor einer ähnlichen Situation, wie bei den Tongeneratorhülsen für meine zylindrischen Schalmeien, über die ich in meinem letzten Vortrag ausführlicher gesprochen habe. Ich musste versuchen, nun eine Firma zu finden die mir ganz spezielle, entsprechend kürzere und eben auch dünner auslaufende, konische Tongeneratorenhülsen nach meinen Angaben herstellen konnte, damit ich dieses Vorhaben auch weiter verfolgen konnte. Und unter den nach 1990 völlig andersartigen sozialökonomischen Bedingungen, war mir dies nun auch möglich. Freilich nur – wie bereits hinsichtlich der von mir georderten zylindrischen Präzisionsröhren vermerkt – mit einem für mich geradezu unsinnig hohem Kostenaufwand, den ich dann auch noch dadurch „preislich sinnvoller“ zu gestalten versuchte, dass ich letztlich mehr solcher Hülsen geordert habe, als ich je zu meinen Lebzeiten sinnvoll verbrauchen könnte…(09) Zu diesen, dann für diese kleinen Instrumente unverzichtbar werdenden Spezialhülsen, aber muss ich mir nun die Frage stellen, ob sie möglicherweise die kleinsten sind die je in dieser technisch exakten Weise, massenhaft, gleichartig mensuriert, für solche Musikinstrumente produziert wurden? Ob also so etwas in der entsprechenden Geschichte des Musikinstrumentenbaues schon vorgekommen sein mag? Ob es sich dabei möglicherweise also auch um etwas handelt, was es so in dieser Feinheit bislang noch nicht gegeben hat. Ich kenne jedenfalls kein als einen speziellen Typ zu betrachtendes Schalmeieninstrument mit entsprechend vergleichbar hergestellten kleinen konischen Tongeneratorhülsen. Freilich, kann man auch auf der Basis handarbeitlicher Einzelanfertigung derartig dimensionierte Hülsen, jederzeit, einfach aus dünnem Blech, herstellen, und dies ist in der Geschichte des Dudelsackbauens sicherlich auch schon vorgekommen, denn wir finden da schließlich auch noch höher gestimmt ausfallende kleine konische Dudelsackmelodiepfeifen. Mir aber war die Verfügungsmöglichkeit über möglichst mehrere bzw. auch viele solcher, möglichst gleichartig exakt-maßhaltiger konischer Metallhülsen, im Sinne meines stets auch auf bestimmte vergleichende Experimente und entsprechende „Experimentalmodelle“ abzielenden vergleichsanalytischen Wissenschaftskonzeptes wichtig. Letztlich konnte ich dann auch nur mit diesen, für meine C-Schalmei unverzichtbar gewordenen Hülsen, auch wesentliche Verbesserungen an der vorliegenden, etwas größeren Schalmei in Bb erreichen. Und mit dieser Aussage kann ich nun auch einen bestimmten Bogen meiner bisherigen Darstellung wieder „zurück schlagen“.
Denn einleitend hatte ich heute ja zunächst solche Besonderheiten aufgezählt, die sich bei allen meinen hier vorgestellten konischen Schalmeien finden lassen, und ich kann nun - nachdem ich Sie mit allerlei organologisch relevanten Querelen technischer, sozialökonomischer und kulturpolitischer Art konfrontiert habe - auch zur entsprechend verdeutlichenden Hervorhebung von wiederum solchen Besonderheiten kommen, die nur bei bestimmten dieser Instrumente anzutreffen sind. Und dies bezieht sich nun, was diese beiden kleineren Instrumente betrifft, im Wesentlichen auf zwei weitere Besonderheiten. Einmal auf diese, besonders kleinen konischen Tongenerator-Metallhülsen, welche ich nun für beide Instrumente, also die kleine Schalmei in C und auch für das etwas größere Instrument in Bb, verwende und andererseits auf die an diesen beiden Instrumenten angebrachten besonderen Schallbecher.
Dazu hatte ich bereits gesagt, dass alle meine derartigen Instrumente über verschiebbare bzw. drehbare Schallbecher verfügen, muss nun aber die entsprechenden Unterschiede und Besonderheiten deutlich machen.
In Hinsicht auf die große Schalmei in G hatte ich Ihnen bereits zwei unterschiedliche Schallbecher gezeigt, die sich aber deutlich von den Schallbechern der beiden kleineren Instrumente unterscheiden, welche wiederum gleichartig sind. Der besondere Vorteil dieser gleichartigen Schallbecher gegenüber den bereits an der G-Schalmei gezeigten, besteht nun darin, dass in diesen jeweils auch die Tonlochbohrung für den kleinen Finger der unteren Spielhand untergebracht ist, und man somit die vorteilhafte Möglichkeit hat, die jeweils bequemste Griffposition für diesen Finger, selbst zu bestimmen und genau einzustellen. Ein aus meiner Sicht und Erfahrung ganz wesentlicher Vorteil gegenüber anderen vergleichbaren Instrumenten. An der großen G-Schalmei, wo sich das für diesen Finger zuständige Tonloch oberhalb des Schallbechers befindet, also feststehend im Instrumentenkörper eingebracht wurde, ist dieses Problem eigentlich ungelöst. Ein deutlicher Nachteil dieses Instrumentes. Dabei kann ich auch auf meine Erfahrungen innerhalb der „Deutschen Dudelsackspieler Runde“ verweisen, wo sich, entsprechend den DDR-spezifischen Strukturbesonderheiten dieser, sich immer wieder unterschiedlich aus vielen Dudelsackspielern zusammensetzenden Spielergemeinschaft, auch immer wieder zeigte, dass manche Hände (zuweilen eben auch die manchmal kleineren Hände von weiblichen Dudelsackspielern) mit dieser doch sehr gestreckten Grifflochanordnung, gerade bei der untersten Tonlochbohrung, oft nur schlecht zurecht kommen konnten. Und bei diesen Instrumenten ließ sich dieser, eben auch von mir zu beklagende Nachteil, auch nicht durch entsprechende Schallbecherformen ausgleichen. Die beiden hier verwendeten Schallbecher für dieses größere Instrument, sind aus gänzlich anderen Motivationen heraus in unterschiedlichen Formen entstanden.
Wie ich bereits gesagt und gezeigt hatte, waren meine ersten G-Schalmeien zunächst mit dem aus Holz gedrechselten trompetenschallbecherförmigem Schallbecher ausgerüstet, welcher sich auch im Falle einer zuweilen durch unterschiedliche Tongeneratoren bedingten Unstimmigkeit der tiefen Töne, „nachstimmend“ verschieben lässt. Aber das war nicht der Hauptgrund für dessen Gestaltung.
Ich sehe ihn heute eher als ein damals aus formgestalterischen Gründen entstandenes Produkt meiner drechslerischen Eitelkeit an, denn es hat mir bei dieser Handwerkstechnik natürlich besondere Freude bereitet, so etwas letztlich doch auch zustande bringen zu können. Etwas, was nicht allzu leicht herzustellen ist - dann aber auch gut aussehen kann. Und ich habe dies dann, neben vielen anderen Dudelsackherstellungstechniken, auch viele Jahre lang immer wieder an meinem ambulanten Drechselstand, auf den unterschiedlichsten Volksfesten, sowie vielen speziellen Folkloreveranstaltungen in der DDR, bis hin dann auch zu bestimmten „Mittelalter-Events“,
vorgeführt und propagiert.(10) Gerade die Besucher und Gestalter letzterer Veranstaltungen waren sich zumeist sicher, dass diese Schallbecherform an einer Dudelsackpfeife sowohl als „original deutsch“ als auch als „original mittelalterlich“ anzusehen sei. Inzwischen habe ich aber - keineswegs nur wegen meines prinzipiell skeptischen Blickes auf derart fest gefügte Vorurteilshaltungen - meine entsprechende Schallbecherauffassung für dieses Instrument geändert und favorisiere aus bestimmten Gründen eher die zweite hier gezeigte Schallbecherform meiner G-Schalmei. Die erste halte ich inzwischen auch deswegen für nachteilig, weil damit eine besondere Lautstärke der unteren Töne zustande kommt, die mir alsbald nicht mehr als günstig für ein ausgeglichenes Dudelsackklangbild erschien. Das war sozusagen ein „Erfahrungseindruck“ den ich insbesondere beim Anhören von Tonaufnahmen erleben konnte, aber auch schon zuvor, im Eifer vieler Gefechte öffentlichen Musizierens, wahrgenommen hatte. Außerdem aber habe ich bei meiner nunmehrigen Schallbecherkonzeption, die auf Grund einer entsprechend anderen Innenform in dieser Hinsicht auch ganz anders wirkt, noch an bestimmte weiterführende spieltechnische Möglichkeiten gedacht. Was ihre äußere Form betrifft, so ist vielleicht interessant zu bedenken, dass diese immer wieder auf bestimmte Protesthaltungen gestoßen ist, denn so eine, doch offensichtlich „nur von den Schotten übernommene“ Scheibenform am Schallbecher, erschien manchem Dudelsack-Fan nun wieder als „nicht so richtig deutsch“, sowie auch als „nicht so richtig mittelalterlich“ und meine Haltung, dass selbstverständlich alle Dudelsäcke die ich baue, irgendwie letztlich doch „deutsche Dudelsäcke“ sind, da ich mir niemals vorgenommen hatte, etwa irgend einen (und so eben auch keinen etwa irgendwie als „original altdeutsch-mittelalterlich“ anmutenden) Dudelsack jemals zu kopieren, konnte natürlich weder von bestimmten Folkloremusikanten, noch von bestimmten „akademisch befugten“ Folklore-Wissenschaftlern, geduldet oder akzeptiert werden.
Ganz unabhängig von derartigen Parteiungen, die beim Thema Dudelsack immer wieder ganz erstaunliche Zuspitzungen zustande bringen können, möchte ich nun meine gänzlich anders motivierte Haltung zu dieser „scheibenförmigen Formgestaltung“ dieses Schallbechers verdeutlichen.
Zunächst glaube ich sicher zu sein, dass derartige Formen von Schalmeien in der wirklichen Geschichte solcher Instrumente nicht nur bei den weltbekannten schottischen Instrumenten anzutreffen sind, sondern auch anderswo vorkamen. Aber ich muss auch sagen, dass dies für mich eben nicht entscheidend ist.
Wenn Sie nun diese Scheibe genauer betrachten, so lässt sich an ihrer Unterseite der etwas herausragende Rand der Metallröhre erkennen, auf welcher sie aufgebracht ist. Und über diese Besonderheit, die gar nichts mehr mit schottischen Dudelsäcken, aber sehr viel mit entsprechenden irischen Instrumenten zu tun hat, möchte ich Sie nun näher informieren. Es ist eine Besonderheit, die vor allem bei der Verwendung des Instrumentes als eine in spezieller sitzender Haltung gespielte Dudelsackpfeife zur Geltung kommen kann. Also genau in der Spielhaltung wie man sie von der großen „Irish Union Pipe“ kennt. Wenn ich nun in dieser Haltung die Schallbecherscheibe schräg am Oberschenkel ansetze, so kann ich mit bestimmten Schwenk- und Annäherungsbewegungen, sowohl ein bestimmtes Vibrato, als dann auch noch einen weiteren Halbtonschritt nach unten erklingen lassen. Diese dafür nötigen „Annäherungsbewegungen in Schräghaltung“ können nun, mit Hilfe einer solchen „Schallbecherscheibe“ weitaus besser, als etwa mit dem zuvorigen, sich weit öffnenden Schallbecher gestaltet werden. Und außerdem kann dieser Röhren-Schallbecher nun auch unmittelbar gerade bzw. „senkrecht“ aufgesetzt werden, wobei dann mittels des unter der Scheibe befindlichen Rohrrandes, seine gesamte Öffnung auf eine sichere Weise dicht verschlossen werden kann. Auf diese Weise können nun – ebenso wie an der Irish Union Pipe - sowohl bestimmte Abschalt- und Stakkatoeffekte (etwa wenn alle anderen Tonlochbohrungen geschlossen werden) als auch ein bestimmtes, dudelsackspezifisches Vibrato (wenn also einige Tonlochbohrungen geöffnet sind) sowie auch (beispielsweise mit besonderen Kombinationsgriffen) bestimmte Intonationsregulierungen realisiert werden. Dass bei all diesen Funktionserweiterungen natürlich das Vorbild der großen irischen Dudelsackpfeife eine Rolle für mich gespielt hat, liegt auf der Hand. Ich kann dazu aber außerdem sagen, dass ich bei der Weiterentwicklung dieses Schalmeieninstrumentes, welches ja in seiner jetzigen Form weitaus mehr Besonderheiten aufzuweisen hat, als meine ersten Dudelsackpfeifen in G, auch in anderer Weise an die von mir bewunderte irische Dudelsackspielpfeife gedacht habe. Von Anbeginn meiner Beschäftigung mit den Problemen einer solchen konischen Dudelsackmelodiepfeife, hat stets auch der Gedanke, dass eine solche Pfeife in G doch letztlich auch einmal mit der tieferen, in D stehenden Melodiepfeife des Irischen Dudelsackes (welcher doch ebenfalls in G-Dur gespielt werden kann) kombiniert werden könnte, um dabei dann sowohl zweistimmig, als auch hinsichtlich ihrer allerhöchsten Tonlagen, entsprechend ergänzend, mitzuwirken, stets eine wesentliche Rolle für mich gespielt.
Da sich meine Pfeife mit Hilfe eines gut geratenen Doppelrohrblattes nun auch am Dudelsack durchaus in der zweiten Oktave bis zum hohen G hochtreiben lässt, übertrifft sie dabei (da sie in der Tiefe schließlich noch über das Fis für den kleinen Finger der rechten Hand, und dann mit ihrem entsprechend schräg am Oberschenkel angesetztem Schallbecher, sogar noch über das darunter liegende F verfügen kann) durchaus auch den zwei Oktaven umfassenden Tonumfang des irischen Chanters.
Mit all diesen Schallbechererklärungen zu meiner G-Schalmei habe ich nun bereits zwangsläufig begonnen auch bestimmte Besonderheiten meiner Dudelsäcke vorzustellen. Und da kann ich wiederum sofort auf ein weiteres Detail verweisen, welches offensichtlich ebenfalls ähnlich wie bei der großen „Irish Union Pipe“ gestaltet ist, und welches Ihnen wohl auch schon entsprechend an dem soeben mit meiner G-Schalmei vorgeführtem Dudelsackinstrument aufgefallen sein mag. Ich meine den besonderen, hier aus Metallröhren hergestellten, „Winkelhals-Kopf“ am Hals meines Dudelsackes, also die spezielle Fassung in welche ich soeben die Melodiepfeife des Instrumentes eingesteckt hatte. Insofern möchte ich also nun auch zur Besprechung von einigen Besonderheiten meiner Dudelsackinstrumente übergehen und stelle Ihnen dabei heute nur die mundgeblasenen Instrumente vor, - also die, welche auch ohne einen zusätzlichen, dann auch am anderen Arm zu bedienenden Blasebalg, auskommen können.
Dabei möchte ich dies in Form von drei deutlich zu unterscheidenden Problembereichen tun.

  1. Erstens möchte ich zu den Besonderheiten des Sackes und der dabei verwendeten Materialien sprechen und mich

  2. zweitens zu den entsprechenden Besonderheiten der in diesen Sack einzubindenden Instrumentenelemente, also zur Konzeption verschiedener dortiger Buchsen äußern,

  3. und drittens möchte ich zu den Besonderheiten der wiederum dort, also in diese Buchsen zusätzlich einzusetzenden Verbindungsstücke, d.h. zu den entsprechenden Fassungen für das Mundrohr mit Ventil, die entsprechenden Bordunpfeifen, sowie eben auch – wie ja bereits vorgeführt und kommentiert – zur besonderen Fassung der Melodiepfeife sprechen.

Wenn Sie dieser Aufzählung nun aufmerksam gefolgt sind und sich in etwa bereits über die Grundkonstruktion eines mundbeblasenen Dudelsackinstrumentes im Klaren sind, so kann Ihnen auch schon aufgefallen sein, dass die von mir hier unter „Drittens“ genannte Position, also die zusätzlichen Fassungen in den sackeingebundenen Buchsen des Instrumentes, doch normalerweise bei vielen der üblichen Dudelsackinstrumente, denken wir beispielsweise wieder an die große schottische „War Pipe“, gar nicht vorkommen. Und gerade diese schottischen Instrumente werden doch im allgemeinen nicht nur als besonders typische, sondern oft auch als besonders hoch entwickelte und perfekte Dudelsackinstrumente angesehen. Instrumente bei denen ja auch – zweifellos ganz traditionell - sowohl das Ventilmundrohr, als auch die Melodiepfeife und dann auch alle einzelnen Bordunpfeifen, jeweils einfach nur in die ins Sackmaterial eingebundenen Buchsen gesteckt werden. Eine zweifellos dudelsackspezifische und traditionell-authentische Instrumentenkonzeption, die ich aber von meinen Erfahrungen als Dudelsackspieler her doch für überaus nachteilig halten muss und dann als Dudelsackbauer bei meinen Instrumenten auch entsprechend ablehne.
Darauf werde ich also noch im Einzelnen näher einzugehen haben, möchte nun aber der Reihe nach, also entsprechend meiner Aufzählung von verschiedenen „Problembereichen“, vorgehen.
Anfänglich hatte ich meine Dudelsäcke aus Ledermaterialien, welche mit einer Silikonbeschichtung völlig abgedichtet wurden, hergestellt(11), bin aber später dazu übergegangen auch mit einem bestimmten, in der DDR leicht erhältlichem, PVC beschichteten Gewebematerial zu experimentieren. Ein ideales Material, welches sich sowohl leicht vernähen, als auch mit speziellen Chemikalklebstoffen gut verkleben und perfekt abdichten ließ, mir aber dann, nach 1990 auch nicht mehr zur Verfügung stand. Wenn ich heute an die Protesthaltungen, die mir dazu damals bei bestimmten Traditionalisten in der DDR begegnet sind,(12)denke, so bin ich durchaus erleichtert, inzwischen zu hören, dass selbst bei den doch sehr traditionellen schottischen Instrumenten inzwischen ebenfalls zuweilen derartige Kunststoffe, bis hin auch zu solchen Hihg-Tech-Materialien wie „Goretex“, verwendet werden. Aber ich hatte auch damals schon erfahren können, dass beispielsweise bestimmte Dudelsacktraditionalisten in Westdeutschland in dieser Frage ebenfalls praktischer und realistischer handelten. So konnte ich aus den Bauanleitungen von Tibohr Ehlers, den ich für seine Initiativen zur Erhaltung und Belebung des Spiels mit dem Egerländer Dudelsack in Schwaben, immer aus der Ferne bewundert habe, und leider erst 1989 persönlich kennen lernte, entnehmen, dass dort eben einfach die Verwendung von Autoschläuchen für die Herstellung der inneren Säcke dieser traditionellen deutschen Volksmusikinstrumente, empfohlen wurde.(13)
Was nun aber meine „äußeren Säcke“, also die entsprechenden Überzüge über den inneren, zweifellos zumeist unansehlichen, aber eben völlig luftdichten und strapazierfähigen „PVC-Sack“ anbelangt, so habe ich alsbald den aus traditioneller Sicht immer wieder nahe liegenden Gedanken, dort auch bestimmte Naturfelle oder entsprechende Fellimitate, zu verwenden, verworfen(14) und letztlich dann stets auf ein bestimmtes Samtmaterial zurückgegriffen, welches mir insbesondere deswegen als vorteilhaft erschien, weil es - eben im deutlichen Unterschied zu Tierfellen – eine sicherere, nicht so leicht verrutschende Halteposition des Sackes unter dem Arm ermöglichte. Was nun die Größe meiner Säcke anbelangt, so tendierte ich im Laufe der Jahre zu einer Form, die etwa den üblichen schottischen, französischen oder auch bestimmten böhmischen Dudelsäcken entsprach, aber hinsichtlich ihres Volumens dann letztlich doch kleiner ausfiel. Aber dies hängt wohl auch wieder damit zusammen, dass ich in dieser Frage schon alsbald, eben wieder ganz im Gegensatz zu den Ansichten bestimmter Traditionalisten(15) oder auch anderer verbreiteter Dudelsackvorurteilen, zu der Meinung gelangte, dass ein besonders großer Sack keineswegs besonders vorteilhaft sei. Weder – was manchmal betont wurde – hinsichtlich besserer und „vollerer“ Borduntöne, noch etwa, wie allzu leicht und gerne angenommen wird, in Bezug auf entspanntere Bedingungen für das Luftholen am Dudelsack. Ich möchte eher Wert auf einen stets möglichst prall gefüllt zu drückenden Sack legen.
Möglicherweise könnten insofern also meine entsprechenden Säcke auch für manchen Spieler als etwas ’zu klein’ geraten erscheinen.
Was nun aber alle die Elemente betrifft, die in einen solchen Sack eingebunden werden müssen, so bin ich ebenfalls alsbald von den ansonsten üblichen Buchsen aus Holz abgegangen. Auch wenn sich solche aus diesem Material jederzeit leicht drechseln und dabei auch in traditioneller Weise als optisch attraktive Dudelsackelemente gestalten lassen, so haben sie doch den prinzipiellen Nachteil, dass sie insbesondere unter Feuchtigkeitseinfluss, immer wieder ihre Maßhaltigkeit verlieren bzw. verändern, oder eben auch entsprechend reißen können.
Buchsen aus bestimmten Plastematerialien sind hingegen sowohl belastbarer als auch reißfester, bleiben exakt maßhaltig, sind zudem weitaus leichter und können letztlich auch weniger „klobig“ in das Sackmaterial eingebunden werden. Ich habe also alsbald nach bestimmten, entsprechend gestalteten „Flaschenhalsteilen“ bestimmter Kunststoffflaschen Ausschau gehalten und dann, vor allem ab 1989, grundsätzlich nur noch entsprechende Buchsen aus den Köpfen von Kunststofflaschen im „Coca-Cola-Kaliber“ verwendet. Dies würde ich nun, auch wenn gerade so etwas manchem Traditionalisten vielleicht als besonders schändlich erscheinen mag, als eine besonders günstige Lösung aller damit zusammenhängender Buchsenprobleme am Dudelsack, eigentlich jedem Dudelsackhersteller empfehlen wollen, wobei ich sogleich deutlich darauf hinweisen muss, dass sich die dann nötig werdende feinere Bearbeitung solcher „Flaschenhalsbuchsen“, auch überaus problematisch gestalten kann, und mir letztlich nur mit Hilfe von besonderen Spezialwerkzeugen zur Metallbearbeitung, gelungen ist.(16)
Das heißt also nun, dass bei meinen mundbeblasenen Dudelsäcken in der Regel zwei solcher Flaschenhalsbuchsen ins Sackmaterial eingebunden werden. Die Buchse für die Aufnahmefassung eines speziellen Ventilstückes, auf welches dann auch das Mundblasrohr, also die „Windkapsel“, aufgesetzt werden kann, muss im vorderen Teil des Sackes, leicht seitlich versetzt, eingebunden werden. Die Position der anderen Buchse, welche dann für die Aufnahme der Bordunfassung gedacht ist, kann aber nun unterschiedlich sein. Entweder bevorzugt man eine Spielhaltung bei der die Bordunpfeifen des Instrumentes nach oben gerichtet sind, so wie wir das eben als weitverbreitetes Dudelsackbild auch von schottischen Spielern im Sinn haben, oder man bevorzugt – wozu wiederum ich neige – die Haltung der Bordune nach vorne, die sich ebenfalls bei vielen traditionellen Instrumenten finden lässt. Diese hat meiner Meinung nach den Vorteil einer besseren Übersichtlichkeit sowie der leichten Erreichbarkeit dieser Bordunpfeifen beim Einstimmen des Instrumentes. Für diese beiden Fälle von Bordunhaltungen, wird die Position der entsprechenden Buchse also im oberen Teil des Sackes, hinter dem Anblasrohr gewählt werden müssen. Es gibt aber auch die Möglichkeit ihrer seitlichen Einbindung in den Sack, wenn wir eine dementsprechende Position der Bordunpfeifen vorziehen wollen. Diese finden wir beispielsweise bei der Northumbrian Small Pipe, aber auch bei anderen westeuropäischen und bestimmten osteuropäischen Dudelsäcken, bei denen die Bordunpfeifen manchmal sogar einfach nach unten hängen können. Ich habe die seitliche Bordunposition (insbesondere auch so, dass die Bordune dabei auf dem rechten Unterarm zu liegen kommen) ebenfalls oft benutzt, und insofern diese „Bordun-Buchse“ eben auch bei mundbeblasenen Dudelsäcken manchmal seitlich im Sack eingebunden.(17)
Die dritte nun noch zu besprechende Buchse befindet sich natürlich im Sackhals. Gerade dort, wo es besonders feucht werden kann, sollte sich dann auch eine Buchse aus Plastematerial befinden, wobei ich dafür jedoch einen kleineren Durchmesser und auch eine ganz andere Form bevorzugt habe, bei welcher ich mit “Flaschenhalsmaterialien“ nichts mehr anfangen konnte.
In die Hälse meiner Dudelsäcke wird also ein etwas längeres, flexibles Stück Schlauchmaterial eingebunden, welches soweit in den Sackhals hineinreichen sollte, dass dort auch stets (also auch im Falle eines möglichen Verwindens, Verquetschens oder Abklemmens dieses schlanken Halses) eine gleichmäßig gesicherte Luftzufuhr für die Melodiepfeife garantiert werden kann. Im vorderen Teil dieses Schlauchstückes befindet sich dann aber wieder eine Buchse aus festem Plastematerial, welche jeweils genau passend für die Aufnahme des Ihnen bereits vorgeführten Winkelhals-Kopfstückes für die Melodiepfeife, eingerichtet wurde.
Damit komme ich nun zum „dritten Problembereich“, d.h. zu den jetzt zu erläuternden zusätzlichen „Verbindungsstücken“, bzw. den „Fassungen“, die jeweils in all diese Sackbuchsen einzusetzen sind und sich dabei insgesamt als eine weitere Besonderheit meiner Instrumente erweisen.
Denn – wie bereits gesagt – sind derartige, von mir für wichtig erachtete Kombinationen, keineswegs typisch für die bisherige Geschichte der Dudelsackherstellung.
Auch die Melodiepfeifen von Dudelsäcken werden oftmals einfach nur in eine entsprechend im Sackhals eingebundene einfache Buchse gesteckt.
In diesem Sinne möchte ich also wieder auf das bereits erwähnte Winkelhals-Kopfstück für die Melodiepfeife zurückkommen.
Dessen vorteilhafte Besonderheit besteht beim meinen mundbeblasenen Instrumenten nun darin, dass sich damit sowohl eine günstigere Spielhaltung der Melodiepfeife am Sack ergibt, als auch darin, dass sich durch diese, im Zusammenhang mit der Sackhalsbuchse konstruktionsbedingte Spielhaltung der Melodiepfeife, auch eine stets sichere Luftzufuhr gewährleisten lässt. Außerdem aber ergibt sich dabei auch ein wesentlicher Vorteil hinsichtlich des sicheren Umgangs mit der Melodiepfeife, sobald diese vom Sack abgenommen werden soll.
Ein mundgeblasener Dudelsack sollte meiner Meinung und meiner Erfahrung nach, stets nach dem Spiel auseinander genommen, entwässert und zum weiteren Austrocknen vorbereitet werden. Dieses Problem ist nun bei Dudelsackexperten im Zusammenhang mit entsprechenden Tipps zur Abdichtung von Säcken, eines der Themen, bei denen es immer wieder ganz erstaunliche und auch ganz unterschiedliche Auffassungen, Legenden, und Behauptungen zu bestimmten Spezial-Rezepten (bis hin zu Whisky und Bienenhonig u. a.) und dadurch wunderbar zu optimierende Sackmaterialeigenschaften gibt, von denen gewiss auch einige in der bisherigen Geschichte des Instrumentes ihre entsprechende Rolle gespielt haben mögen, von denen allen ich aber überhaupt nichts halten möchte und dabei auch nicht zu erkennen vermag, was da etwa unter heutigen Verhältnissen wirklich noch von effektivem Nutzen sein könnte. Meine Meinung, die hier gewiss auch vorurteilshaft sein mag, geht hingegen dahin, dass letztlich ein effektives Austrocknen des Sackes nach feuchtem Spiel, wohl gerade bei Säcken aus solchen wie den von mir verwendeten Materialien, immer zu empfehlen sein wird. Und in diesem Sinne wollte ich also auch immer, sowohl die Melodiepfeife, als ebenso auch alle Bordunpfeifen und das Ventilmundrohr, nach dem Spiel mit möglichst einfachen Handgriffen und dabei möglichst geschützt, aus dem Sack entfernen können, um diesen damit effektiv austrocknen zu lassen. Und in dieser Weise, - also durch die hier konzipierte Kombination von Buchsen und Fassungen, können dann auch alle diese Teile entsprechend „fassungsgeschützt“, sowohl zum Trocknen, als eben auch zum gefahrlosen Aufbewahren bzw. zum Transport des Instrumentes, abgenommen und abgelegt werden. Denkt man hingegen an Dudelsäcke der üblichen Art – ich nehme hier wieder die schottischen Instrumente als Beispiel – so zeigt sich, dass so etwas dort völlig unmöglich wäre. Denn auf diese Weise würden da sowohl die Tongeneratoren von Melodiepfeife und Bordunen, als auch das dann ebenso ungeschützte Ventil des Anblasrohres, unweigerlich immer wieder der Gefahr einer alsbaldigen, zerstörerischen Beschädigung ausgesetzt werden.
Und noch eine weitere besondere und wohl auch besonders vorteilhafte Möglichkeit ergibt sich damit. Es lassen sich nun mit diesen Fassungen, sowohl die Melodiepfeifen als auch die Bordunpfeifen eines jeden solchen Dudelsackes, jederzeit problemlos, mit wenigen Handgriffen und in hoher Sicherheit, auch am jeweiligen Sack austauschen.
Ebenso wie für die Dudelsackfassung der Melodiepfeife, habe ich auch für die Herstellung der entsprechenden Bordunfassungen wiederum Metallröhren bevorzugt, womit diese dann, vor allem bei der Herstellung von Doppelbordunfassungen, weitaus schlanker gestaltet werden können, als die vergleichsweise klobigen, hölzernen Exemplare an den üblichen Dudelsäcken.(18) Natürlich sind dabei die Herstellungsbedingungen für solche Fassungen aus Metall ganz andere als die für Holz und die normalerweise weitaus mehr mit Drechslerarbeiten und Holz befassten Dudelsackbauer werden gewiss lieber auf ihren traditionellen „hölzernen Technologien“ beharren wollen.
Zu diesen metallenen Bordunfassungen meine ich aber, dass sie mit diesem Material nicht nur schlanker, sondern letztlich auch präziser und hoffentlich auch haltbarer, gestaltet werden können und sich solche Metallröhren auch als vorteilhaft hinsichtlich des jeweils wieder sicheren Einsteckens in die entsprechenden Buchsen des Sackes erweisen. Im Grunde genommen aber, treffen wir hier, wenn wir nur die Bordunfassung betrachten (und also einmal von der Besonderheit ihrer Kombination mit einer Sackbuchse absehen) nur auf einen bestimmten Materialunterschied sowie eine dadurch bedingte, maßgenauere Formunterschiedenheit, aber nicht auf eine völlig andere Konstruktion dieses Instrumentalelementes.
Das verhält sich nun aber in Hinsicht auf das jetzt noch zu betrachtende Ventilanblasrohr meiner Dudelsackinstrumente ganz anders.
Im Vergleich mit anderen, ansonsten üblicherweise verwendeten Anblasrohren, haben wir es hier durchaus mit wesentlichen Konstruktionsunterschiedenheiten und nicht nur mit anderen Materialien und Formen zu tun.
Dies möchte ich Ihnen nun noch näher vor Augen führen.
Zunächst ist leicht zu erkennen, dass der dabei von mir verwendete empfindliche Ventillederlappen, hier durch die aus einem kurzen Metallrohrstück bestehende Ventilfassung sicher geschützt ist und auf diese Weise auch das ganze Mundrohr mit Ventil sofort im Instrumentenkasten abgelegt und gefahrlos getrocknet oder auch transportiert werden kann. Sie können aber auch erkennen, dass die Gesamtkonstruktion dieses Anblasrohres aus drei ganz unterschiedlichen Hauptelementen zusammengesetzt ist: Also

  1. die wesentlich aus Metall bestehende Ventilfassung, die sich beim Spiel des Instrumentes in der entsprechenden Kunststoff-Buchse des Sackes befinden muss,

  2. dem wesentlich aus Plastematerial hergestellten Ventilkörper mit seinem angebundenen Lederlappen, der sich dann in der entsprechenden Metall-Fassung befindet, und dem

  3. wesentlich aus Holz hergestelltem Anblasrohr mit seinem besonderen Mundstück und der eingelassenen präzise aufgeriebenen PVC- Fassung, mit welcher es auf den Ventilkörper aufgesetzt werden muss, aber auch – wie Sie bereits wissen – in seiner ganz anderen möglichen Funktion als Windkapsel, auf jedes meiner Schalmeieninstrumente aufgesetzt werden kann und in dieser Funktion dann außerdem noch geeignet ist auch eine entsprechende zusätzliche Feinstimmeinrichtung aufzunehmen.

Wenn ich dies alles nun mit den ansonsten üblichen Anblasrohren anderer Dudelsackhersteller vergleiche, so muss unweigerlich ein kolossaler Unterschied vermerkt werden.
Dort finden sich Anblasrohre, die einfach nur aus einem einzigen Stück Holz gedrechselt wurden und an deren, dann einfach in eine Sackbuchse einzusteckendem unteren Zapfen, lediglich ein einfach nur entsprechend eingeschnittenes, kurzes Schlauchstück oder eine entsprechende kleine Kappe aus elastischem Silikonkautschuk oder ähnlichem, als Ventil angebracht werden muss. Also ein Ventilblasrohr welches im extremen Fall, insgesamt nur aus zwei unbedingt erforderlichen Elementen (oder eben auch aus dreien - falls man die nötigenfalls noch am Zapfen anzubringende, abdichtende Fadenwicklung, noch dazu zählen möchte) zusammengesetzt sein kann. Und dieses Minimum, welches sich bereits mit wenigen Arbeitsgängen und einigen einfachen Handgriffen ohne weitere Umstände realisieren lässt, kann für das sichere Funktionieren eines solchen Dudelsackventilrohres auch durchaus ausreichend sein.
Demgegenüber kann die Konzeption meines, nun zum Vergleich anstehenden Ventilrohres, welches nicht nur aus weitaus mehr zusammenzusetzenden Teilen, sondern auch nur mit Hilfe von einer wohl mehr als hundertfach größeren Anzahl von Arbeitsgängen und aufwändigen Handgriffen zustande zu bringen ist, als die reine Unsinnigkeit erscheinen. Als ein nicht nur offensichtlich sehr zeitaufwändig, sondern doch wohl auch weitgehend mit überflüssigem Arbeits- und Material- Aufwand zustande gekommenes Dudelsackelement, welches in seiner Funktion als Ventilanblasrohr wohl auch kaum besser funktioniert, als das ansonsten übliche einfache, welches zudem im Sinne dieser Einfachheit auch noch als das „traditionellere“ ausgegeben werden kann und in seiner „rein hölzernen“ Machart auch wiederum besonders günstig in einer entsprechend anmutenden Weise, gestaltet werden kann.
Ich muss mich hier mit meiner ganz offensichtlich völlig anderen Dudelsackkonzeption also auch einer solchen spannungsgeladenen Vergleichslage stellen.
Natürlich werde ich dabei nun auf all die zum Teil bereits geschilderten Vorzüge bestimmter Funktionsbesonderheiten, wie eben die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten der Windkapsel einschließlich der Aufnahme einer dafür genau angepassten zusätzlichen Feinstimmeinrichtung, die vorteilhaft geschützte Unterbringung des Ventillappens in der Metallfassung für den Ventilkörper, oder auch die von mir bei allen solchen Elementen angestrebten Maßgenauigkeiten im Sinne der Austauschbarkeit bzw. unproblematischen Ersetzbarkeit aller dieser Einzelelemente an verschiedenen Dudelsäcken meiner Machart usw. verweisen.
Außerdem aber, würde ich, speziell am Beispiel des für einen gut funktionierenden Dudelsack überaus wesentlichen Ventils, welches schließlich zu den am meisten beanspruchten und am ehesten verschleißenden Kleinteilen eines Dudelsackes gehört, auch auf etwas ganz anderes hinweisen wollen: So perfekt die mit wenigen Handgriffen einzuschneidenden und dann als Ventilkappen einfach anzufügenden elastischen Silikonelemente an manchen der heutigen Dudelsäcke auch funktionieren mögen, im Falle ihres Versagens oder auch später einmal möglichen „Hartwerdens“, oder sonstigem „Kaputt- oder Verlorengehens“, müssten sie ersetzt werden bzw. dann auch erneut beim Hersteller, oder sonst irgendwie, neu besorgt werden.
Ganz so wie das fehlende Ersatzteil eines modernen Autos.
Meine zunächst weitaus aufwändiger angelegte Ventilkonzeption mit dem traditionell angebundenem Lederlappenventil, kann hingegen im Falle des Versagens, von jedem Spieler selbst wieder repariert und entsprechend mit Vaseline weitergepflegt werden.
Damit singe ich nun nicht plötzlich doch das Lied zum Lobe schlichten „mittelalterlichen Selbermachens“, sondern ziele auf etwas grundsätzlich anderes ab, was mir nicht nur in Hinsicht auf dieses kleine Ventilelement als wichtig erscheint.
Ich meine alle die Faktoren die dazu beitragen können bestimmte Bindungen von Musikinstrument und Spieler, sowohl zu stiften, als auch aufrecht zu erhalten und zu vertiefen.
Um es zunächst an diesem kleinen Beispiel in ganz grober Art und Weise zu sagen:
Die Silikonkappe am Ventilrohr ist geeignet besondere Bindungen des Spielers an den Hersteller seines Instrumentes zu stiften.
Meine Mundrohrventilkonzeption ist eher geeignet bestimmte Bindungen des Spielers an sein Instrument zu stiften.
Im ersten Falle wird der Spieler sich zunächst auf die Versicherung des Herstellers hinsichtlich des Funktionierens seiner Ventilkappe vertrauensvoll verlassen müssen und sich im Falle deren Versagens, wiederum vertrauensvoll auf diesen verlassen müssen, da er auf ihn angewiesen sein wird, wenn es darum geht nun Ersatz zu besorgen.
Im zweiten Falle kann dem Spieler jedoch deutlich werden, dass er auf diese Ventilkonstruktion in dem Sinne vertrauen kann, dass es ihm immer möglich sein wird, dieses wesentliche Element seines Instrumentes auch selbst im Griff zu haben, selbst reparieren und erneuern zu können. Sein entsprechendes Vertrauensverhältnis wird sich also wesentlich in Richtung auf sich selbst sowie auf sein Verhältnis zu seinem Instrument beziehen. Und diese Bindung muss sich nun keineswegs so entwickeln, dass er etwa künftig ständig gezwungen sein wird, sich dort mit einem stets reparaturbedürftigem Teil herumzuschlagen, sondern sie hat vielmehr die Chance sich im Sinne der Entwicklung seiner eigenen Freiheit zu entfalten. Der Freiheit dieses prinzipiell gefährdete Teil eines Dudelsackinstrumentes, auch immer selbst funktionssicher beherrschen zu können. Und er kann diese Freiheit dann vielleicht auch im Sinne eines sich dabei entwickelnden besonderen Traditionsverständnisses bzw. Traditionsverhältnisses leben, da eben gerade Dudelsackspieler, so etwas im Sinne ihres Instrumentes und zum Nutzen ihrer Musik, auch immer schon selbst gekonnt und gemacht haben.
Dieses, aus meiner Sicht, für kulturvolles Instrumentalmusikgeschehen grundlegende Problem derartig möglicher, freilich stets auch ganz individuell entstehender, individuell zu stiftender und individuell weiterzuentwickelnder Bindungen eines Spielers an sein Instrument, möchte ich nun auch aus der Position eines Dudelsackspielers, der sich letztlich doch sein ganzes Instrument möglichst selber machen wollte, noch eingehender kommentieren. Und ich möchte dies auch immer noch in Bezug auf mein sicherlich in besonders penibler Weise konzipiertes Anblasrohr tun.
Meine ersten Dudelsack-Schalmeien hatte ich zunächst ohne Windkapseln hergestellt, da ich sie immer gleich an ganz einfachen Säcken, an denen sich damals auch noch „ganz einfache“ Abblasrohre befanden, spielen wollte. Erst später, nachdem Klaus Stecker, der wohl erste in der DDR agierende, quasi professionelle, also eben kommerziell orientierte, Schalmeien- und Dudelsackbauer, seine Schalmeien mit bestimmten, mir sehr grob und klobig erscheinenden Windkapseln anbot, habe auch ich mich damit beschäftigt und dabei natürlich – eben auch im Zusammenhang mit meinen damaligen akribisch gedrechselten Schallbechern – sowohl an entsprechend schlankere, aber eben auch haltbare und hinsichtlich ihrer Fassungen möglichst exakt maßhaltige, Windkapseln gedacht. Aus diesen Überlegungen und Ambitionen entstanden dann auch meine speziellen hölzernen Windkapseln, welche oben mit einem hellen PVC-Mundstück und unten mit einer jeweils exakt aufgeriebenen Fassung aus ebensolchem Material ausgestattet sind. Die Herstellung derartiger Windkapseln erwies sich zwar zunächst als ausgesprochen schwierig und auch sehr aufwändig, erschien mir aber letztlich immer unverzichtbarer. Jedenfalls konnte ich es nie wieder sein lassen Windkapseln in gerade dieser aufwändigen Machart herzustellen, obwohl dies jeweils mehr Arbeit erfordern kann, als etwa die oftmals durchaus einfachere Herstellung bestimmter, jeweils dazugehöriger Instrumentenkörper. Ich hatte eben bereits eine besondere, offenbar ganz andere Bindung an dieses spezielle Teil eines von mir geliebten Musikinstrumentes entwickelt, die sich eben deutlich von dem unterschied was ich ansonsten bei anderen Dudelsack- und Schalmeienherstellern immer wieder erleben konnte. Denn, dass man sich unter dem Gesichtspunkt des schnellen und gewinnbringenden Verkaufs solcher Instrumente, doch eher für ganz andere Produktionsweisen und Technologien entscheiden musste, lag wohl auf der Hand.
Mir kam hingegen alsbald der Gedanke, dass derart gestaltete Windkapseln auch in attraktiver und nützlicher Weise als Mundblasrohr am Sack geeignet sein könnten und dafür dann auch ein bestimmter Ventilzwischenkörper entwickelt werden müsste. Und dann ergab sich auch – irgendwie ganz folgerichtig – die Notwendigkeit dieses besondere Ventilteil wiederum besonders geschützt unterzubringen und eben nicht einfach (wie ansonsten allenthalben üblich) direkt in eine Sackbuchse einzustecken. Dass nun die wiederum aus Metall gefertigte Fassung für dieses Ventilteil den gleichen Fassungsring aus hellem PVC trägt, wie auch die darüber befindliche Windkapsel, ergab sich dann auch konsequent aus der Weiternutzung bestimmter Funktionseigenschaften von bestimmten bereits unvermeidbar verwendeten Formelementen. Insofern findet sich dieses Formelement eines hellen PVC-Ringes dann auch wieder in gleicher Weise als Funktionselement an der metallnen Doppelbordunfassung und ist zudem auch bei vielen meiner metallnen Winkelhalskopfstücke zu finden. Das dies alles, wenn ich es jetzt recht bedenke, eben irgendwie auch mit der Art von Windkapsel-Lösung zusammenhängt, zu der ich mich damals in durchaus „unökonomischer“ Weise durchgerungen hatte, hängt offenbar auch mit bestimmten Bindungen zusammen, die sich bei mir schon ziemlich zu Anfang meiner später zunehmenden Dudelsack-Aktivitäten herausgebildet haben müssen. Dabei kann ich in Hinsicht auf diese „Ventilanblasrohrwindkapsel“ nun sagen, dass es sich bei dieser, im deutlichen Unterschied zu den ursprünglichen so hübsch gedrechselten Holzschallbechern meiner ersten Schalmeien, keineswegs irgendwie nur um eine, als einigermaßen „geglücktes Produkt drechslerischer Eitelkeiten“ anzusehende Besonderheit handelt, sondern, dass es bei meinen Windkapseln von Anfang an um ein überaus schwierig und aufwändig herzustellendes Musikinstrumentenelement handelte, dessen wesentliche Formeigenschaften sich aber alle auch durch spezifisch erforderliche Funktionseigenschaften begründeten. Und auf diese Weise ist es offenbar dann auch zu dieser, möglicherweise „überpeniblen“ Ventilmundrohrkonstruktion gekommen. Eine Konstruktion, deren Grundelemente sich (ebenso wie auch andere Dudelsackelemente) an allen meinen mundgeblasenen Dudelsackinstrumenten in weitgehend austauschbarer Weise finden lassen.
Das können Sie nun auch hier an den vorliegenden zusammengesetzten Dudelsackinstrumenten erkennen, von denen einige mit Bordunen in sowohl nach oben gerichteter als auch seitlicher Spielposition, eingerichtet sind und andere wiederum auch ohne solche „Zusatzpfeifen“ für ein Dudelsackspiel ganz ohne Bordune(19) vorgesehen sind.


*
Anmerkungen/Quellen:
(01)
Auf einer der ersten Sitzungen des vereinigten gesamtdeutschen ICTM-Nationalkomitees in Berlin, dessen Mitglied ich damals noch war, wurde von westdeutscher Seite auch über die dortigen Dudelsackaktivitäten berichtet und unter anderem darauf hingewiesen, dass es immer schwierig sei, mehrere Dudelsackspieler zu einem gemeinsamen Auftritt, zu einem entsprechenden „Zusammenspielen“, zu gewinnen. Nicht nur, weil unterschiedliche Dudelsäcke eben auch in unterschiedlichen Tonarten eingestimmt sein können, sondern weil auch „gleicheingestimmte“ Dudelsackspieler in der Regel Individualisten sind. Und es wurde dazu angemerkt, dass es nur einmal vorgekommen sei, dass sich tatsächlich acht solcher Musikanten zum gemeinsamen Dudeln zusammenfanden. Ich konnte damals darauf hinweisen, dass das Zusammenspiel vieler Dudelsäcke in der DDR durchaus öfters vorkam und innerhalb der „Deutschen Dudelsackspieler Runde“ sogar einmal ein ganzes Dutzend solcher Instrumente gemeinsam öffentlich aufgetreten sind. Dies kann aber wohl nur auf Grund der ganz anderen kulturpolitischen Strukturen in der DDR erklärt werden. Sowohl das Zustandekommen dieser speziellen Spielergemeinschaft, als auch die ganz besonderen Bedingungen ihrer Existenz in der DDR, bedürfen da eingehenderer Erklärungen. Wenn ich nun versuche, diese besonderen Bedingungen aus der Sicht dessen zu schildern, der zunächst in der DDR eine private Dudelsack-Interessengemeinschaft und dann eben auch diese Dudelsackspieler-Runde gegründet hat, so wird diese Schilderung auch unweigerlich durch alle von mir sowohl zu den jeweiligen „Gründerzeiten“, als auch heute dazu vertretenen Meinungen und damit wohl auch durch alle jeweils damit zusammenhängenden Vor- und Nachurteile, beeinflusst werden. Da ich dies weiss, sehe ich auch keinen Grund, meine entsprechenden Meinungen nun etwa im Sinne demonstrativ vorzutäuschender Schein-Objektivität lieber nicht zu verdeutlichen. Und gerade, weil meine diesbezüglichen Meinungen und Motivationen dabei zumeist einen unverhüllt politischen Charakter tragen, kann für mich – eben auf Grund dieser Meinungen und Motivationen – nun ebenfalls kein Grund bestehen, diese nun etwa lieber nicht zu äußern. So war bereits eine der ersten neofolkloristischen Dudelsackaktivitäten in der DDR, nämlich die Teilnahme einer extra für diesen Anlass speziell zusammengestellten Dudelsackgruppe am internationalen Dudelsackfestival in Strakonice, von meiner Seite her eine vor allem politisch motivierte Aktion. Ich wollte, dass mein Staat, mit dem ich darüber schon lange auf den verschiedensten Ebenen ’zu reden’ versucht hatte, hier endlich zur Vernunft kommt, und die traditionellen sorbischen Dudelsackspieler zu diesem internationalen Festival schickt. Und er hat es ja dann, nach diesem provokanten ersten Windbeutelauftritt, auch regelmäßig getan.
Wenn ich allerdings bedenke, wie intensiv gerade ich auch später noch von bestimmten Kulturinstitutionen und Funktionären mit dem Vorwurf des illegitimen und unkorrekten Verhaltens konfrontiert wurde, da die Gruppe Windbeutel doch auf diesem Festival quasi „DDR-offiziell“ aufgetreten sei, ohne doch aber damals auch offiziell von der DDR delegiert worden zu sein, konnte ich freilich nicht sicher sein, ob es sich da tatsächlich bereits um einen Durchbruch von Vernunft gehandelt hat… Ein ganz ähnlicher Konflikt mit den weniger vernunftgeleiteten Kulturinstitutionen meines Staates wiederholte sich dann, als ich kurz nach dieser ersten „Windbeutelaktion“ eine private Dudelsack-Interessengemeinschaft, die „Deutsche Dudelsackbrüderschaft der DDR“ - einen entsprechend seiner Programmatik zweifellos spezifisch sozialistischen Kulturverein - gegründet hatte. Über die erstaunlichen Aktivitäten dieser Interessengemeinschaft wurde alsbald auch in den Medien der DDR, vorwiegend freundlich, berichtet. Aber bestimmte staatliche Kulturinstitutionen legten doch weiterhin Wert darauf, mir deswegen mit dem Staatsanwalt zu drohen und das ganze immer wieder für illegal zu erklären. Letztlich begann mein Staat dann aber doch zur Kenntnis zu nehmen, dass sich inzwischen nicht nur zum Thema Dudelsack, sondern generell zur Problematik von Musikfolklore, immer mehr jugendliche Interessengruppen zusammenfanden. Und so wurde dann auch im eigentlich dafür schon lange zuständig verantwortlichen „Zentralhaus für Kulturarbeit der DDR“, unter der dort deutlich formulierten Losung “Wir brauchen in der DDR keine privaten Dudelsackbrüderschaften, sondern eine staatlich unterstützte ’Zentrale Arbeitsgemeinschaft für Musikfolklore der DDR’“, auch eine solche „ZAG“ installiert. Und all dies, - dass also mein Staat sich endlich auch dieser ihm verfassungsgemäß gestellten Aufgabe, in einem Bereich, wo bereits völlig neuartige Kulturaktivitäten entstanden waren, zuwandte, war wiederum durchaus im Sinne der Programmatik des von mir zuvor gegründeten Kulturvereins. Im Zusammenhang mit meiner dann erfolgenden Berufung zum Vorsitzenden dieser ZAG war es eine klar abgemachte Angelegenheit, dass die Aktivitäten der „Dudelsackbrüderschaft“ künftig im Rahmen einer speziellen ZAG-Arbeitsgruppe fortgeführt werden sollen. Dass ich mich dann aber alsbald aus dieser Funktion wieder verabschiedete, hängt im wesentlichen mit den immer prinzipienloser und dann auch zunehmend korrupter werdenden Verhaltensweisen maßgeblicher Kulturinstitutionen und der wohl damit auch verknüpften Zunahme von Intrigen und Positionsrangeleien im Umfelde dieses mir dann auch aus anderen politischen Gründen immer suspekter werdenden „Zentralhauses für Kulturarbeit“ zusammen, die ein fruchtbares Arbeiten in dieser ZAG sowie auch in der dortigen Arbeitsgruppe „Musikfolkloristisches Instrumentarium“ zunehmend schwieriger machten. Insofern war dann auch die Gründung der „Deutschen Dudelsack Runde“ ein Versuch der Fortsetzung von bestimmten Dudelsackaktivitäten im Sinne der vormaligen „Dudelsackbrüderschaft“, - aber eben außerhalb von bürokratisch-organisatorisch vorstrukturierten Richtlinien und Arbeitsgruppenstrukturen des Zentralhauses.
Die „Dudelsackbrüderschaft“ hatte ich gegründet, als es noch keine einzige in der DDR hergestellte Schäferpfeife, sondern lediglich einige sorbische Bock-Dudelsäcke in der Lausitz gab, aber die „Deutsche Dudelsackspieler Runde“ konnte ich gründen, als es bereits landesweit eine ganze Menge selbstgebauter deutscher „Schäferpfeifen-Dudelsäcke“ gab, und also ein solcher weiterer Versuch bestimmter alternativer Kulturaktivitäten auch möglich wurde. Ein Versuch auf der Grundlage und im eigentlichen Sinne eines Staates, welcher sich nun aber, in den letzten Jahren seiner Existenz, gerade auch auf dem Gebiet der Kultur, doch wieder immer vernunftärmer und letztlich nur noch administrativ-krisenbewältigend, aber ohne irgendein erkennbares kulturpolitisches Konzept, verhielt. Aber bestimmte Grundstrukturen und Gesetzesgrundlagen dieses Staates sowie ein großes Aktivitätspotenzial von vielen ehrlich engagierten Musikfolkloristen und Kulturverantwortlichen in den verschiedensten Institutionen, gab es eben doch bis zum Ende der DDR. Und nur auf dieser Basis konnte es dann dort auch so etwas wie diese Spielergemeinschaft geben, deren Abkürzung ja nicht zufällig auch die Buchstabenfolge „DDR“ ergibt.
Eine politische Windbeutelei, die sowohl im Sinne eines politischen Gags als auch im Sinne einer hochernsthaften Kulturinitiative zu verstehen ist und sich insofern freilich im Nachhinein sowohl im Sinne einer „mehr Freiheit“ einfordernden rebellischen Protestbewegung gegen die DDR, als auch im Sinne einer durch „politischen Aktivismus“ zu charakterisierende Kulturerscheinung zur Unterstützung der „politischen Diktatur in der DDR“ interpretiert werden kann.
Eine Initiative, die doch aber eigentlich nur auf dem Boden der DDR in einer so sinnvoll-selbstverständlichen, aber eben auch rebellisch-alternativen Weise entstehen und existieren konnte und deren Wesentlichkeit wohl niemals durch irgendwelche „mildernden Ausgewogenheiten“ oder etwa als „politische Konsequenz“ formulierte Einseitigkeiten innerhalb solcher, unter nunmehrigen politischen Verhältnissen nahe liegenden Interpretationspolarisierungen erfasst werden kann, sondern letztlich nur im Rahmen eines intensiveren Diskurses zu den prinzipiellen Wechselseitigkeiten und Wirkmechanismen des „demokratisch-Befreienden“ innerhalb sozialistisch/kommunistischer Diktatur-Verhältnisse, in der Auseinandersetzung mit den Wechselseitigkeiten und Wirkmechanismen des „diktatorisch-Repressiven“ innerhalb bürgerlicher Demokratie-Verhältnisse, verständlich werden kann.
Für ein besseres Verständnis der Wesentlichkeiten dieser ganz neuen deutschen Dudelsackaktivitäten innerhalb der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, wäre in diesem Sinne eben immer auch genauer zu bedenken und exakt zu rekapitulieren, zu welch doch so unterschiedlichen Initiativen und Aktivitäten sich Menschen in Deutschland unter ganz unterschiedlichen politischen Bedingungen und Lebensverhältnissen sowohl selbst aufgerafft haben, als auch dabei durch die Moden und die Offerten ihrer Zeit haben treiben lassen.
Jedenfalls funktionierte die „Deutsche Dudelsackspieler Runde“ folgendermaßen:
Wenn irgendein Großveranstalter bei mir wegen Dudelsackmusik, oder später dann auch zunehmend direkt wegen dieser „Dudelsack DDR“ anfragte, musste dort klargestellt werden, dass es sich bei diesem Ensemble um Dudelsackspieler aus dem ganzen Lande handelte, welche sich eigentlich nur zu solchen Auftrittsanlässen zusammenfinden können und deswegen darum bitten müssen, möglichst für zwei Tage eingeladen zu werden: Am ersten Tag werden wir proben und am zweiten können wir dann einen oder zwei Auftritte absolvieren.
Der Veranstalter musste dann also die Übernachtungen und die Probenmöglichkeit (die wiederum auch öffentlich sein konnte) garantieren und dann fragte ich landesweit herum, welche Dudelsackspieler mit Instrumenten in G-Stimmung) bereit und interessiert wären, einen solchen Termin wahrzunehmen. Die Adressen der ermittelten Interessenten bekam dann in der Regel der Veranstalter, welcher nun auch kulturpolitisch begründete Einladungen an die interessierten Musikanten verschickte. Falls es sich bei den Proben- und Auftrittsterminen um Werktage handelte, so konnte nun jeder Dudelsackspieler dafür in seiner Arbeitstelle eine Freistellung beantragen und hatte auf der Basis entsprechender Gesetze der DDR auch hohe Chancen, diese bewilligt zu bekommen. Wenn dann die Teilnehmer feststanden, wurden diese wiederum dem Veranstalter mitgeteilt, welcher in der Regel nun entsprechende Verträge verschickte, in denen er, ebenfalls auf der Basis bestimmter eigens dafür bestehender Gesetze der DDR, jedem Teilnehmer Fahrtkosten, Übernachtung und Honorar zusicherte sowie den Proben- und Auftrittsort mitteilte. Dort trafen wir uns dann, und es war jedes Mal wieder ein etwas anderer Personenkreis, der da zusammen kam, und manchmal herrschte da auch fast die Stimmung eines kleinen Dudelsackfestivals. Auf Grund dieser besonderen Auftrittsbedingungen handelte es sich dann in der Regel auch um entsprechend „honorige“ Auftritte, so z. B. in Rundfunk und Fernsehen, im Palast der Republik, zu den Bach-Feierlichkeiten in Leipzig, zu größeren Festivals und Volksfesten in verschiedenen Bezirken der DDR, zur Kultur-Konferenz der DDR, zum Festival des Politischen Liedes usw.
Zu dieser ganzen Problematik möchte ich hier auch auf meine Arbeit: ’Allgemeine „Hintergrund-Anmerkungen“ zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt’ verweisen.
(02)
Dieses Instrument aus meiner Musikinstrumentensammlung war damals das einzige Dudelsackinstrument mit konischer Melodiepfeife, von dem wir in der DDR ausgehen konnten. Die Möglichkeit, auch andere konische Dudelsackpfeifen zu vermessen, ergab sich erst viel später, nachdem sich einige Neofolkloristen dann auch über Westdeutschland entsprechende belgische Dudelsäcke besorgt hatten und, wiederum später, auch Jack Mitchell zwei schottische Instrumente aus seiner Heimat in die DDR mitbrachte.
(03)
An diesem, zuvor mit viel Aufwand und keineswegs „auf legalem Wege“ aus der CSSR besorgten Instrument hatte ich bereits damals wesentliche Veränderungen vorgenommen und es auch mit einer ganz neuen Melodiepfeife, die von mir fast vollständig aus Metall angefertigt wurde, ausgestattet. Diese Dudelsackmelodiepfeife verfügte bereits damals über einen erweiterten Tonumfang und mehrere entsprechende „Tonloch-Klappen“. Der Begründer und Organisator des Festivals in Strakonice, Josef Rezny, bat mich damals um diese Melodiepfeife und erhielt sie im Austausch für die mir gestattete Möglichkeit, die Northumbrian Small Pipe aus seiner Dudelsacksammlung kurz anzuspielen und gründlich zu vermessen, als Geschenk. Diese „metallene Melodiepfeife“ müsste sich also nun in seiner Privatsammlung befinden. Siehe dazu wiederum auch: ’Allgemeine „Hintergrund- Anmerkungen“ zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt’ in www.bhje.de .
(04)
Dieses Instrument wurde dann auch verschiedentlich bei bestimmten Studioaufnahmen mit der Gruppe „Windbeutel“ im Rundfunk der DDR eingesetzt, zu denen ich mir heute allerdings die Frage stellen kann, ob davon wohl noch irgendetwas erhalten geblieben sein könnte? Aber mit einer solchen Frage verbinden sich sofort auch noch weitergehende Probleme. Zu DDR-Zeiten war ich anfänglich immer davon ausgegangen, dass zu entsprechenden ganz neuen Kulturentwicklungen, wegen deren wir damals ja auch in die entsprechenden öffentlichen Sendungen oder dann auch in Aufnahme-Studios gebeten wurden, dann sicherlich auch die entsprechenden Aufzeichnungen in die Archive des Rundfunks gelangen werden. Und mit den entsprechenden Redakteuren von Sendungen oder Leitern von Aufnahmestudios konnte ich mich auch stets in einem solchen Sinne verständigen. So entsinne ich mich auch noch gut an die Aufzeichnung einer Kindersendung, an der sowohl der Liedermacher Gerhard Schöne, als auch das holländische Gesangsduo „Bollan und Bollan“, sowie eben auch die Gruppe „Windbeutel“, welche damals recht häufig in Funk und Fernsehen zu tun hatte, beteiligt waren, und ich damals auch die erste in der DDR hergestellte Schäferpfeife vorstellen konnte. Damit wurde von uns dann auch (begleitet von Kontrabass und Harmonika), das Kinderlied „Spannenlanger Hansel…“ gespielt. Und dies war ganz gewiss das erste Mal, dass in der DDR ein deutscher Dudelsack öffentlich über den Rundfunk zu hören war. Diese Besonderheit war damals zweifellos auch den beteiligten Rundfunkleuten, mit denen ich auch in diesem Sinne sprach, völlig klar. Insofern schien mir auch sicher zu sein, dass dieses Tonereignis erhalten bleiben würde. Und gerade dieser Mitschnitt wurde dann ja auch wiederholt im Rundfunk gesendet, was meine entsprechende „Gewissheit“ verstärkte. Erst Jahre später, als ich dann auf Grund meiner nunmehrigen Funktion als ein vom „Minister für Kultur der DDR“ berufener „Vorsitzender der ZAG Musikfolklore“ auch mit höherrangigen Verantwortlichen des DDR-Rundfunks über solche Angelegenheiten sprechen konnte, musste ich feststellen, dass dort offenbar überhaupt kein Sinn für eine solche Verantwortlichkeit bestand. Man sah offenbar keinerlei Veranlassung, solche und auch andere aus meiner Sicht eben als dokumentationswürdig geltende Aufnahmen offiziell zu erhalten. Bestenfalls befand sich Derartiges inzwischen vielleicht unter bestimmten eher persönlichen oder letztlich auch ganz privaten Arbeitsmaterialien von besonderen Redakteuren oder sonstigen Mitarbeitern, und dort könne ich mich ja mal umhören… Aber im Archiv war kein „Spannenlanger Hansel“ mit deutschem Dudelsack zu finden…
Damals kam es mir insbesondere darauf an, dass auch alle drei Grundtypen der in der DDR inzwischen „neu entstandenen“, selbstgebauten altdeutschen Dudelsäcke, also Hümmelchen, Bock und Schäferpfeife, auch auf Schallplatte erscheinen sollten, und mit Hilfe der Studioaufnahmen des Rundfunks, von denen ich wusste, dass dazu auch von allen drei Instrumententypen verschiedene Aufnahmen vorlagen, wäre das auch möglich gewesen. Da mir dies nun als besonders wichtig erschien, versuchte ich über ein solches Projekt auch mit Prof. Stockmann zu sprechen, der aber eher indigniert reagierte, und dazu sagte, dass er aber doch bereits das Erscheinen einer solchen Platte mit Dudelsack (Tanzhaus LP mit Jo Mayer) „gemanagt“ habe und dies doch auch ein großer Erfolg sei, und man nun doch nicht gleich alles „überstürzen“ dürfe usw… Jedenfalls sind dann noch verschiedene Aufnahmen mit selbstgebautem deutschen Bock und mit verschiedenen Schäferpfeifen auf DDR-Schallplatten erschienen, aber meines Wissens keine mehr mit dem deutschen Hümmelchen, obwohl der Rundfunk (aber auch das Fernsehen) durchaus über solche verfügten. Was das DDR-Fernsehen betrifft, so musste ich dort ganz ähnliche, aber politisch wiederum ganz anders strukturierte Erfahrungen machen. Natürlich sind dort ebenfalls Dudelsack-Aufnahmen, auch mit allen drei deutschen Dudelsacktypen, entstanden, und es wurden in diesem Zusammenhang auch immer wieder die Instrumente meiner Sammlung, für die verschiedensten Programm-Sendungen, aufgezeichnet. Dabei versuchte ich ebenfalls stets mit den dazu Verantwortlichen über die Archivierung derartiger Materialien zu sprechen, wo mir dann aber immer wieder bestimmte bürokratische Schwierigkeiten erläutert wurden. So geriet ich auch mit einer besonders verständnisvollen und engagierten Redakteurin in Kontakt, die dann in meiner damaligen Ladenwohnung besonders intensive, mehrere Tage beanspruchende Aufzeichnungen zu meiner Sammlung sowie zu bestimmten Details der Herstellung von Dudelsäcken, vornahm. Als dann das Fernsehen nach einiger Zeit wieder bei mir wegen entsprechender Aufnahmemöglichkeiten zu meiner Sammlung anfragte und ich dazu meine Verwunderung äußerte, wurde mir mitgeteilt, dass die vorliegenden Aufnahmen zwar alle ausgezeichnet gelungen seien, sich nun aber aus politisch-rechtlichen Gründen im Archiv unter Verschluss befänden und keinesfalls gesendet werden könnten, da die entsprechende Kollegin inzwischen einen „Ausreiseantrag“ aus der DDR gestellt habe….
Wenn ich all solche Imponderabilien nun aus heutiger Sicht bedenke, so kann ich zwar weiterhin verärgert über bestimmte, offensichtlich mit viel Unverständnis und entsprechenden Unfähigkeiten ausgestatteten sowie in bestimmten politisch-bürokratischen Querelen ineffizient verfangenen Verantwortlichen von Funk und Fernsehen der DDR sein, muss dann aber noch verärgerter darüber sein, dass letztlich erst viel später, im Zusammenhang mit der politisch gewollten Vernichtung dieser DDR-Institutionen, wohl auch damals noch Existierendes nun auch in einer wohl auch kaum jemals genau aufzuklärenden Weise „verlorengegangen“, untergegangen und vernichtet worden ist. Die Frage, ob etwa die ersten in der DDR entstandenen Hümmelchen-Ton-Aufnahmen, die ersten Aufnahmen mit meiner kleinen Schalmei in Bb oder auch die verschiedenen, mit dem deutschen Bock entstandenen Aufnahmen von Windbeutel sowie die verschiedensten Fernseh-Aufzeichnungen meiner damaligen Instrumentensammlung etc. heute noch irgendwo existieren, wird sich wohl nur schwer beantworten lassen.
Dabei denke ich, dass es bei diesem kleinen Beispiel aus größeren Zusammenhängen nicht nur um eine mögliche „Tragik“ innerhalb eines entsprechend „allesumwälzenden“, aber eben doch als ‚unvermeidlich’ zu begründenden politischen Umbruchs geht, innerhalb dessen es eben auch zu bestimmten „tragischen Vorgängen“ kommen konnte, sondern, dass es sich hier um etwas ganz anderes handelt. Die damals zunehmend kritikwürdiger werdenden und oftmals zweifellos auf spezifischer Insuffizienz beruhenden Unzulänglichkeiten von bestimmten DDR-Kulturinstitutionen und entsprechenden Verhältnissen mit ihren eben auch aus Unqualifiziertheit resultierenden Erscheinungen von Unverständnis und Verantwortungslosigkeit gegenüber bestimmten Kulturentwicklungen in der DDR, standen alsbald ganz anderen Kräften gegenüber und wurden so dann auch zügig bestimmten, nun eher „hochprofessionell qualifizierten“ und überaus effizient eingreifenden „Abwicklern“ ausgeliefert, deren spezifisches Unverständnis für das, was dann auf ihr Handeln und Eingreifen hin zur alsbaldigen Vernichtung anzustehen hatte, in dieser Weise eher zum politischen Wesen ihrer spezifischen Hochqualifiziertheit zu zählen ist. Und in diesem Sinne handelte es sich dann wohl oft auch eher um eine doppelte Diabolik, als nur um einfache Tragik.
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Ich habe hier nicht ohne Grund diese entsprechend deutungsoffene Formulierung gewählt, denn gerade innerhalb dieser Entwicklung konnten einem zuweilen imposant aufgemachte Dudelsackspieler mit wiederum imposanten Instrumenten begegnen, die zwar keineswegs imposant spielen konnten, aber der Bewunderung des Publikums innerhalb wiederum zumeist höchst imposant aufgemachter „Mittelalterspektakel“ immer sicher sein konnten. So entsinne ich mich einer Begebenheit, an welche später auch immer wieder mit viel Gelächter erinnert wurde: Ein äußerlich beeindruckend phantasievoll kostümierter Dudelsackspieler aus der „Mittelalter-Crew“ von Roman Streisand wurde einmal während eines Dudelsackspielertreffens von Spielern, die bereits mit der „Deutschen Dudelsackspieler Runde“ aufgetreten waren, ausgefragt, welches Lied oder sonstiges Musikstück er denn wohl vorspielen könne. Und es stellte sich dabei heraus, dass er zwar heftig und lautstark mit seinem Instrument zu hantieren vermochte, aber eben - wie später immer wieder belustigt erinnert wurde - „nicht ein einziges Lied spielen konnte“. Ebenso belustigend erschien manchem von uns dann auch der Tonmitschnitt des späteren ersten Auftrittes der Gruppe „Spilwut“ vom Dudelsackfestival in Strakonice. Dieses Tonband konnte man sich immer wieder anhören, um dabei von Schrägklang zu Schrägklang und von Krach zu Krach herzlich-belustigt oder auch spöttisch-abwertend lachen zu können. Ich habe zu all dem aber immer den Standpunkt vertreten, dass gerade so etwas durchaus auch als „original mittelalterlich“ gelten kann, denn genau solche Scharlatane oder Gaukler werden auch schon im Mittelalter mit diesem Instrument, auf diese Weise, erfolgreich umgegangen sein. Vielleicht gibt es kein anderes Musikinstrument, dessen Wirkungsgeschichte so eng, und eben oft auch ganz untrennbar, mit bestimmten Formen von Gauklertum und Scharlatanerie verbunden ist. Zudem war ich auch stets der Meinung, dass es gerade bei diesem Instrument völlig legitim sein kann auch ganz verschiedene Wege des Erlernens zu beschreiten. Das zielstrebige Erarbeiten eines bestimmten Liedrepertoires muss nicht der einzige Weg sein um sich den Eigenarten eines Dudelsackes in musikantischer Weise anzunähern. Auch das zunächst vielleicht martialisch anmutende Erproben bestimmter dudelsackspezifischer Effekte und Besonderheiten bei einem sich eher wild und rebellisch gebärdenden Dudelsackenthusiasten, kann zu authentischem Musikantentum führen. Und sicherlich können aus einigen derartigen Dudelsackenthusiasten später auch einmal hochernsthafte und spezifisch qualifizierte Musikanten geworden sein, wobei eben auch die Möglichkeit besteht, oder inzwischen sogar nahe liegt, dass genau solche Mentalitäten doch in genau dieser martialisch scharlatanesken Weise auch eher im Rock-, Pop- und sonstigen Show-Geschäft, als entsprechende Gaukler, imposante Wirkungen erzielen können. Damit bin ich nun eigentlich bereits in der Gegenwart, möchte mich aber, da ich den Namen Roman Streisand bereits erwähnt habe, doch noch zu diesem und der damaligen Dudelsack-Situation in der DDR äußern.
Roman Streisand hatte mich damals verschiedentlich gefragt, ob ich nicht auch bei ihm, also bei seinen „Mittelalter-Aktivitäten“, mitmachen könnte und ich war da dann doch immer eher zurückhaltend. Und in einem solchen Gespräch drückte er dann auch einmal seine Verwunderung darüber aus, dass immer wieder Veranstalter an ihn herangetreten sind, die sich darauf beriefen, dass gerade seine Gruppe doch „ausdrücklich von Dr. Eichler empfohlen“ worden sei, - was sicherlich auch zutraf, denn das habe ich tatsächlich oft getan. Und dazu habe ich ihm dann – ebenso wie auch anderen – gesagt, dass ich es für einen ausgesprochen glücklichen Umstand halte, dass es so etwas wie ihn und seine Gruppenaktivitäten inzwischen im Kulturbetrieb der DDR gibt, dass ich es aber für überaus bedenklich halten würde, wenn sich solche „Mittelalteraktivitäten“ künftig als dominierende Tendenz bei der nun begonnenen Wiederbeschäftigung mit deutschen Dudelsäcken in der DDR herausbilden würden, denn ich hätte da ganz andere Vorstellungen und auch persönlich eine ganz andere Konzeption meiner Aktivitäten zum Dudelsackspiel.
Aus heutiger Sicht kann ich dazu also ein ganz deutliches Resümee ziehen. Roman Streisand gehört hier zweifellos zu den „Siegern der Geschichte“, denn genau das, was ich damals als eine eher mit Besorgnis zu betrachtende Möglichkeit angesehen hatte, hat sich doch dann als dominierend durchgesetzt, wohingegen das, was mir damals als wichtig erschien, heute kaum noch als erwähnenswert erscheint, oder eben entsprechende Erwähnungen auch auf Grund der von wieder anderen „Siegern der Geschichte“ verwalteten Machtstrukturen effektiv unterbunden werden. Die in diesen Zusammenhängen aber nun doch ganz objektiv zu konstatierende Siegerposition von Roman Streisand ist nun wiederum auf eine ganz besondere Weise interessant, wenn man bedenkt, dass dieser offenbar inzwischen auch nicht mehr als erwähnenswert gilt. Und dies lässt sich nun in einer besonders spannenden Art und Weise vermerken. Ich denke, dass gerade Roman Streisand und die Bewertung seiner Aktivitäten in gewisser, aber wohl auch in besonders aufschlussreicher Weise sowohl als ’Spielball’, als dann auch als „Indikator“ für das Wirken politischer Kräfte und Zusammenhänge gelten kann und in diesem Sinne entsprechend genauer betrachtet werden sollte, und ich sehe mich aus dieser Sicht veranlasst, also auch noch mehr dazu zu sagen. Was mögliche Anfechtungen im Sinne einer solchen „Spielballfunktion“ betrifft, so möchte ich mich zunächst auf eine eher kommentarlose Aufzählung entsprechend ambivalenter Ereignisse und Zusammenhänge, so wie etwa die höchstamtliche Verleihung einer speziellen „DDR-Goldmedaille“ für die besonderen Kulturleistungen seiner Gruppe oder aber auch die „Schreckensbildfunktion als Traditionsverletzer“, die wieder andere Amtsinhaber in der DDR seinen Aktivitäten zuordnen wollten, oder auch den offensichtlichen Missbrauch, den damals ein de facto „Staatsjournalist“ wie Wolfgang Leyn mit ihm als Interviewpartner treiben konnte, sowie etwa auch den Umgang, den die Medien mit dem unübersehbaren, mit Hilfe von „Mittelalterkostümen“ und riesigem „Spilwut-Banner“ groß aufgemachten Erscheinungsbild seiner Gruppe innerhalb der großen Berliner Demonstration vom 4.11.1989 treiben konnten, sowie überhaupt bestimmter Tendenzen politischer Uminterpretationen seiner Aktivitäten, beschränken. Dass er aber dann, auch trotz all seiner eigentlich unübersehbaren und unleugbar hohen Bedeutung und auch angesichts all dem soeben zu seinen Aktivitäten Erwähnten, offenbar selbst nicht mehr als erwähnenswert gilt, sehe ich als einen besonders aufschlussreichen Indikator für das hohe Maß politischer Verlogenheiten und intensiv betriebener Verfälschungen der Geschichte von Dudelsackaktivitäten in der DDR an. Ich beziehe mich hier auf die entsprechende Darstellung anlässlich des 2006 veranstalteten Tanz- und Folk-Festivals in Rudolstadt und möchte erst einmal in vergleichender Weise auf fünf dort als Initiatoren dieser Entwicklung hervorgehobene Namen zu sprechen kommen, unter denen – geradezu wie beiläufig – auch meiner genannt wurde. Er steht dabei neben Klaus Stecker, Jo Mayer, Bodo Schulz und Jörg Zapfe, welche - so der Autor dieser Darstellung zur Dudelsackgeschichte in der DDR – dort „relativ abgeschottet von der Entwicklung im Westen, das Fahrrad neu erfinden mussten“.
Diese Darstellung und Zusammenstellung von Namen ist, ebenso wie die Tatsache, dass da der Name Roman Streisand weder an dieser Stelle noch auch in diesem gesamten Artikel (ebenso wie auch seine Gruppe) nicht erwähnt werden, in höchstem Maße lächerlich. Die Sache wird noch fragwürdiger, wenn dann noch zu bedenken ist, dass auch das von Lothar Junghähnel in Westdeutschland herausgegebene „Dudlpfeifer-Fachblatt“ überhaupt keine Erwähnung in dieser Darstellung zur Geschichte von Dudelsackaktivitäten findet. Eine stets hochinteressante und zutiefst informative folkloristische Zeitschrift, welche damals zweifellos sowohl für die Dudelsackinteressenten im Westen als auch im Osten Deutschlands (wo wir sie immer wieder kostenlos von Lothar Junghähnel, aber auch von verschiedenen anderen westdeutschen Dudelsackfreunden zugeschickt bekamen) von überaus großer Bedeutung war.
Angesichts der aus diesem Rudolstadt-Artikel auch ansonsten deutlich werdenden Fachunkundigkeit des Autors könnte man nun meinen, dass er eben davon, oder auch von Roman Streisands Aktivitäten, noch nie etwas gehört hätte. Dem kann aber keinesfalls so sein, denn sowohl die politisch wesentlichsten und mutwilligsten Verzerrungen, die einem da begegnen, als auch die Gesamtaussage seiner Darstellung, stehen alle in ganz besonderer Weise mit den speziell von Roman Streisand initiierten Aktivitäten in Zusammenhang. Sowohl die Behauptung, dass es in der DDR eine „Dudelsack-Punk-Bewegung“ gegeben habe, als auch die daran angehängte Behauptung, dass dieses Instrument also damals als Symbol einer speziellen Freiheitsbewegung gegen das diktatorische DDR-Regime gegolten habe, und eben auch der in diesem Artikel so überdeutlich als Hauptrichtung (oder genauer gesagt sogar als die einzige Ausrichtung) von Dudelsackaktivitäten hervorgehobene Boom von „Mittelalter-Events“ - all dies wäre ohne seine Aktivitäten und seine Gruppe „Spilwut“ einfach nicht zu untermauern. So wären etwa Musikanten, die sich vielleicht tatsächlich als „Dudelsack-Punker“ interpretieren ließen, eben gerade in seinem Umfeld und andererseits eben wohl kaum im Umfeld der „DDR Dudelrunde“ (innerhalb derer freilich auch Roman Streisand selbst mitgemacht hat) zu finden gewesen. Und auch die Behauptung der besonderen „Freiheitssymbolik“ dieses Instrumentes muss eigenartig bleiben, wenn der, der das behauptet, sich dabei die Freiheit nimmt, ausgerechnet das entsprechend interpretierbare Auftreten von Spielwut am 4.11.1989, ebenso wie andere entsprechend politisch prononcierte ostdeutsche Dudelsack-Aktivitäten aus diesen „DDR-Wendezeiten“, welche damals auch mehrfach intensiv über die Medien sowohl der DDR als auch der BRD verbreitet wurden, einfach unter den Tisch seiner Geschichtsdarstellung fallen zu lassen.
Und am haarsträubendsten ist dann eben letztlich, dass, bei aller sonstigen Hervorhebung von Mittelalteraktivitäten, dann genau der Name dessen, der damals ganz offensichtlich der Initiator dieses damals ganz neuen Trends im Kulturgeschehen der DDR war, einfach verschwiegen wird, obwohl er ganz offensichtlich damals nicht nur der Erste, sondern mit seiner Gruppe „Spilwut“ auch einige Zeit lang, das eigentliche Zentrum entsprechender „Mittelalteraktivitäten“ in diesem Lande war. Ganz offensichtlich derjenige, der damals diesen besonderen Trend wesentlich ausgelöst und dann auch wesentlich geformt hat. Eine aus meiner Sicht mögliche Erklärung dafür, dass diese Tatsachen und Zusammenhänge nun verschwiegen und unterschlagen werden, kann wohl darin bestehen, dass Roman Streisand in politischer Hinsicht eben doch stets ein rebellischer Linker war, und, wie ich mir vorstellen kann, vielleicht auch noch ist. Jedenfalls denke ich bei ihm sicher zu sein, dass gerade er sich angesichts bestimmter fremdenfeindlich-rassistischer und auch faschistoider Tendenzen, die insbesondere im Umkreise des „Leipziger Zentralhauses für Kulturarbeit“, aber eben gerade auch im Umkreise der dortigen Folkloreszene (aus welcher sich – hier zunächst nur nebenbei angemerkt – dann eben auch wesentliche Kräfte zur inzwischen kommerziell erfolgten politischen Neugestaltung der Rudolstädter Festivalaktivitäten rekrutierten) immer mehr um sich griffen und dort eben auch Unterstützung fanden, nicht in gleicher Weise stillschweigend, wegsehend und abwiegelnd verhalten hätte, wie damals viele der dortigen Folkloristen oder auch die meisten damaligen Mitglieder der dort verwalteten „ZAG Musikfolklore“. Und insofern möchte ich nun zunächst seinen Namen in Beziehung zu den in dieser Darstellung ansonsten genannten Namen setzen und dabei durchaus mit meinem anfangen.
Wenn zu meiner Person etwa formuliert worden wäre oder würde, dass es außer einer solchen „Dudelsack-Punk-Bewegung“ oder sonstigen, inzwischen auch politisch beliebig uminterpretierbaren Aktivitäten zum Dudelsack in der DDR, doch auch jemanden gab, der (was er ansonsten auch etwa noch alles getan haben mag) doch vor allem darauf aus war, die Beschäftigung mit diesem Instrument und die damit verbundenen Musikantenaktivitäten ganz unverhohlen im Sinne der Unterstützung und weiteren Entwicklung der „politischen Diktatur in der DDR“ zu betreiben und zu fördern, dann könnte das zwar nun als „politisch entlarvend“, oder manchem, der mich kennt, auch als verleumderisch erscheinen, müsste aber von allen denen, die mich wirklich soweit kennen, dass ihnen auch mein entsprechender politischer Begriff von „Diktatur in der DDR“ bekannt ist, im Sinne eines solchen Begriffsverständnisses als eine durchaus wahre Aussage zu meiner Person akzeptiert werden. Dazu wäre dann auch noch zu fragen, unter welchen „Dudelsackbannern“ und welchen Dudelsackkonzeptionen sich damals jeweils welche und wie viele aktive Musikanten zusammengefunden haben, - wobei ich überhaupt nicht beanspruche, mit meinen Ambitionen und Aktivitäten etwa jemals mit Sicherheit zu einer Mehrheit gehört zu haben. Aber die undifferenzierte Anführung meines Namens in der dortigen, sowohl insgesamt fragwürdigen, als auch offensichtlich gezielt unvollständigen Aufstellung, läuft auf eine deutlich unwahre Aussage hinaus. Klaus Stecker kann bestenfalls in dem Sinne als Initiator oder „Neu-Erfinder“ genannt werden, als dass er der erste war, der in der DDR quasi-professionell Schalmeien hergestellt und verkauft hat. Und er selbst hat sogar noch zu Zeiten, als bereits Jo Mayer die Nennung meines Namens im Zusammenhang mit Dudelsackaktivitäten tunlichst und weitmöglichst (insbesondere wohl nach Anstoß oder auch direktem Anraten von Prof. Stockmann, der derartige Verhaltensorientierungen und entsprechend deutliche, „richtungsweisende Zeichensetzungen“ in geradezu perfekt autoritärer Weise durch sein Verhalten ständig zelebrierte) zu vermeiden bestrebt war, doch noch betont, dass er auf die Problematik und Besonderheiten von Dudelsäcken und konischen Schalmeien erst durch mich aufmerksam gemacht wurde. Und zu Jo Mayer muss dabei gesagt werden, dass er in Hinsicht auf diese Instrumente überhaupt kein Initiator war, sondern hier lediglich als ein bedeutungserheischender Neo-Folklorist gelten kann, welchem es erst zu einem ziemlich späten Zeitpunkt gelungen ist, nachträglich auf den bereits in vollen Touren laufenden Dudelsackzug aufzuspringen, wo er dann dort zweifellos mehr Talent im Sinne der Eroberung des Zugführerpostens, als etwa im Sinne der weiteren Qualifizierung seines Dudelsackspiels, entwickelt hat, und für diese Positionierungs-Ambitionen auch ganz offensichtliche Unterstützungen aus dem Umfeld von Prof. Stockmann (sowie dessen dabei spezifisch mitwirkender spezieller Partnerin Hanni Bode) erhielt, welche ihn wohl für eine solche Position auserkoren hatten. Dabei konnte er durchaus viele Lieder auf diesem Instrument richtig spielen, hat es aus meiner Sicht aber nie wirklich geschafft, dann auch dieses Instrument selbst „richtig“ zu spielen und es alsbald auch zu Gunsten anderer Instrumente, wieder abgelegt.
Bodo Schulz ist dann wiederum noch viel später auf den bereits von Jo Mayer belagerten Zug, eher als ein späterer „Wendegewinnler“, als etwa ein Aktivist des Dudelsackspiels in der DDR, aufgesprungen, und kann wohl inzwischen als ein geschäftstüchtig-solider, ostdeutscher Dudelsackbauer, aber keineswegs etwa als Initiator irgendwelcher damaliger Dudelsackaktivitäten gelten. Wohingegen sich zu Jörg Zapfe, der zwar ebenfalls keineswegs als Initiator oder „Neu-Erfinder“ des Dudelsackgeschehens in der DDR gelten kann, wiederum sagen lässt, dass er sich von allen anderen hier genannten wohl dadurch unterscheidet, dass er sowohl als ein professioneller Hersteller von soliden Dudelsackwerkzeugen, als auch von verschiedenen Volksmusikinstrumenten, inklusive Dudelsack, sowie dabei eben auch als solider aktiver Musikant und solider Facharbeiter gelten kann. Bei den meisten anderen der hier Genannten war hingegen nur jeweils eine dieser Qualifikationen wirksam ausgeprägt: Klaus Stecker und Bodo Schulz wollten ihr Geld durch Dudelsackherstellung verdienen und Jo Maier durch Dudelsackspiel, während Jörg Zapfe sein Geld weiterhin als Werkzeugmacher verdiente, und dabei meiner Erinnerung nach, in musikhandwerklicher Hinsicht allen hier genannten „Fahrrad-Neuerfindern“ deutlich überlegen war.
Wie wäre nun aber unter dieser ohnehin überaus unrepräsentativen Aufstellung von „Dudelsack-Initiatoren“ der Name Roman Streisand einzuordnen? Falls ich Klaus Stecker niemals kennen gelernt hätte (was leicht hätte geschehen können, da dieser damals weder mit Musik, noch ansonsten mit Dingen, die mir wichtig waren, irgendwie in besonders engagierter Weise zu tun hatte), so wäre dieser, falls bei ihm dann überhaupt jemals ein Interesse an Schalmeien und Dudelsäcken entstanden wäre, damals zweifellos auf Roman Streisand angewiesen gewesen, um überhaupt genauer zu erfahren, um was es da geht. Und auch falls ich mich niemals für diese Instrumente interessiert hätte (was ich jedoch bereits seit meiner Kindheit getan hatte), wären ganz gewiss auch ähnliche Dudelsack-Initiativen in der DDR entstanden, in deren Mittelpunkt dann aber ganz zweifellos vor allem, und vielleicht auch als Einziger, Roman Streisand gestanden hätte. Dabei ist ganz offensichtlich, dass vier der vom Autor dieses verfälschenden Dudelsack-Artikels genannten Personen hinsichtlich ihrer Dudelsackambitionen in bestimmter Weise miteinander zusammenhängen, ohne in dieser Weise etwa mit Roman Streisand zusammenzuhängen. So hätten meine Aktivitäten ohne die anfängliche Zusammenarbeit mit Klaus Stecker sicher auch etwas anders ausgesehen, wie sicherlich auch dann die weiteren Orientierungen, Ambitionen und Kungeleien von Klaus Stecker und Jo Mayer, bis hin dann auch zu dem später bereits in hohem Maße intrigendurchwirkten Beziehungsgeflecht, welches sich letztlich unweigerlich auch in Richtung auf Bodo Schulz auswucherte, wiederum ohne meine Person oder auch meine Aktivitäten und Ambitionen sicherlich ebenfalls ganz anders ausgesehen hätten – oder vielleicht auch niemals zustande gekommen wären (?). Denn alle diese Beziehungen wurden eben auch von den unterschiedlichsten Prioritätsbestrebungen innerhalb der zweifellos besonders vielfältigen Berliner Folk-Szene tangiert, welche sich wiederum im Prenzlauer Berg, also genau dem besonderen Berliner Stadtbezirk, mit dem alle vier hier zuletzt genannten Personen in bestimmter Weise, divergierend verbunden waren, in ganz spezifischer Weise herausbilden konnte.
Völlig anders also, als in Hinsicht auf Roman Streisand, der sich gegenüber all diesen speziellen Berliner Querelen, sowohl als souveräner Dudelsackhersteller, als auch als souveräner Dudelsack-Spielmann, letztlich doch weitgehend autark verhalten und entwickeln konnte und dies auch in ganz besonderer Weise getan hat. Zudem sammelten sich in seinem Umkreise eben auch immer wieder gerade solche Dudelsackenthusiasten, die zwar bei der Dudelsackbrüderschaft noch auf offene Arme, aber etwa dann bei „Windbeutel“ oder gar der „DDR-Dudelrunde“ eher auf Ablehnung hätten stoßen können.
Das Verschweigen seiner Initiativen und seines Namens ist also nicht einfach ein Versäumnis, sondern eine offensichtliche Unsachlichkeit im Dienste geschichtsverfälschender Unwahrheit. Ein Politikum, welches im Sinne der von mir hier apostrophierten „Indikatorfunktion“ deutlich machen kann, in welch erstaunlichem Maße und in welch geradezu unverschämter Weise unter nunmehrigen Bedingungen die politisch-ideologisch motivierte Verfälschung von DDR-Geschichte vonstatten gehen kann und – um hier auch das Bild und bestimmte Funktionen des Rudolstädter Festivals aufzugreifen, in dessen Rahmen diese Darstellung schließlich in der Form eines „Leitartikels“ eingebracht wurde – wie ein solches Lügenkonstrukt dann im Trubel eines auf vielen Bühnen zelebrierten bunten Folkloregeschehens als „politisch selbstverständliche Wahrheit“ und insofern dann wohl auch noch als ein inzwischen auch tatsächlich in den Köpfen bestimmter Teilnehmer, Besucher oder eben auch Veranstalter dortigen Trubels als deren inzwischen entsprechend formiertes „Selbstverständnis“ fungieren kann. Denn, so wahrheitswidrig diese überaus verlogene Darstellung zum Dudelsack in der DDR hier auch sein mag und in welch geradezu „unglaublich“ tatsachenverachtender Weise dabei auch vorgegangen sein mochte, das Ganze ist eben innerhalb der inzwischen installierten Ganzheiten von „DDR-Bewältigung“, zu denen dann auch buntes Folklore-Geschehen Rudolstädtischer Art gehören kann, auf eine solche Weise politisch fest eingebunden, dass dann von „Unglaublichkeit“ kaum noch die Rede sein kann. Vielmehr wird die Selbstverständlichkeit der Glaublichkeit all solcher Darstellungen innerhalb bestimmter ideologisch formierter Ganzheiten, aus denen letztlich eben auch all die inzwischen „politisch korrekten“ Glaubensdarstellungen zur DDR-Geschichte gehören, die dann (wie unglaublich infam die Methoden ihrer Erzeugung auch sein mögen) keine Mühe mehr haben werden, alleweil als durchaus glaubhaft zu erscheinen.
Und für mich ist dabei eben wieder überaus interessant zu beobachten und zu bedenken, in welche doch erstaunlich andersartige Spannungsfelder von „Politik und Kultur“, oder auch von „Lüge und Musik“, dabei wieder dieses, von mir in besonderer Weise geliebte, Instrument geraten kann. Ein Musikinstrument mit welchem freilich auch ich, stets im Sinne einer als hochgradig politisch anzusehenden Angelegenheit umgegangen bin.
So, wie ich hier über die ganz zweifellos in besonderer Weise charismatische und dann eben auch entsprechend umstrittene „Dudelsack-Persönlichkeit“ Roman Streisand als einem besonderen „Indikator“ für das bessere Verständnis bestimmter politischer Entwicklungen und Zusammenhänge reflektiert habe, denke ich, sollte man auch über die politischen Zusammenhänge, in die gerade auch dieses besondere ’Musikinstrument Dudelsack’ immer wieder geraten konnte und wohl auch künftig geraten kann, weiter nachdenken. Denn da zeigt sich, dass es nicht nur hinsichtlich seiner älteren Geschichte in besonderer Weise untrennbar mit sozialen Differenzierungen, aber auch mit Gauklertum und allerlei Arten von Scharlatanerie verbunden ist, sondern eben auch in seiner jüngeren Entwicklung in Deutschland, in besonderer Weise in Konflikt mit bestimmten politischen Formen von gezielter Verhinderung sowie von politisch stimulierter Lügen- und Legendenkultur geraten konnte. Und insofern konnte dieses Musikinstrument dann, über seine bislang wohl vornehmlich regionalpatriotisch und nationalistisch geprägten bisherigen Symbolfunktionen hinaus, auch in ganz andere neuartige politische Dimensionen und entsprechende Spannungsverhältnisse hineingeraten.
Auf welche spezielle Weise und auf welchen Um- und Übergangswegen sich Derartiges aber bereits in den letzten Jahren der DDR, und dann insbesondere auch in deren letzten „Übergangs-Wende-Zeiten“ abzeichnete, lässt sich vielleicht auch ein klein Wenig aus den letzten Briefen entnehmen, die ich damals in diesen Angelegenheiten in Richtung des dann bereits zur „Umwandlung“ anstehenden „Zentralhaus für Kulturarbeit“ in Leipzig schickte. Immer noch ging es dabei um die verheerende Obstruktionspolitik, die dort bereits Jahre zuvor, gerade auch in Bezug auf bestimmte DDR-spezifische Dudelsackaktivitäten, insbesondere hinsichtlich der von mir seit vielen Jahren angestrebten und dann auch detailliert vorbereiteten Ausstellung zur Geschichte des Dudelsackselbstbaus in der DDR, sowie zur bereits im Jahre 1986 zur Publikation vorgelegten Arbeit zur Selbstherstellung eines deutschen Dudelsackes, betrieben worden war. Ich verweise dazu auf die Schreiben vom 28.6.90; 27.8.90; 24.6.91 und 10.10.91, welche allesamt, trotz der „pro forma Antwortzusage“ vom 15.7.91, einfach unbeantwortet geblieben sind.
(Siehe dazu den Wortlaut dieser Schreiben im „Anhang zu den Allgemeinen Hintergrunds-Anmerkungen zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt.
Wenn man dabei die Tatsache bedenkt, dass gerade auch diese beiden DDR-Aktivitäten zum Dudelsack - also die 1988 doch stattgefundene Ausstellung zu den bis dahin in der DDR entstandenen Dudelsäcken und die letztlich 1990 doch noch erschienene Publikation zum Selbstbau eines solchen Instrumentes – genau in diesem „Rudolstadt-Beitrag“ (ebenso wie natürlich auch die politisch stets umstrittene, aber damals in der DDR doch hochwirksame „Deutsche Dudelsackbrüderschaft der DDR“) keinerlei Erwähnung finden, so kann dazu zweierlei bedacht werden: Einerseits würde die Erwähnung derartiger (oder eben auch vieler anderer Tatsachen) eben einfach nicht in das politisch verfärbte Bild passen, welches der Autor dieses Artikels zum Umgang mit dem Dudelsack in der DDR ausgemalt hat, und andererseits wird auch eine in dieser Weise gezielt reduzierte Art von „DDR-Geschichtsdarstellung“, nun auch gerade da in besonderer Weise auf wohlwollende Zustimmung treffen können, wo sich eben auch solche überaus korrupten und auch schon in „Vor-Wendezeiten“ offen faschistoid und pro-fremdenfeindlich-rassistisch agierende DDR-Kulturfunktionäre, wie ein Horst Traut oder auch ein Jochen Schmidt und wohl auch eine Reihe anderer, seit vielen Jahren gefolgschaftstreu mit der Leipziger „Folklore-Leitinstitution“ und der Leipziger „Folk-Szene“ verbundener, ehemaliger DDR-Kulturfunktionäre, auch noch in den „Nach-Wendezeiten“, spezielle effektive Mit- und Einwirkungsmöglichkeiten bei der Gestaltung „Rudolstädtischer Folk-Events“ sichern konnten.
(06)
Um hier bestimmten möglichen Missverständnissen in Hinsicht auf die Melodiepfeifen der schottischen Dudelsäcke, welche sich nun in der in Saarbrücken installierten Sammlung befinden, vorzubeugen, muss ich auf Folgendes hinweisen.
An einigen dieser schottischen Chanter befindet sich jeweils ebenfalls eine obere, zusätzliche, von mir dort angefügte Tonlochklappe, welche man nun auch für eine Überblasklappe halten könnte. Diese Eigenschaft hat sie aber an diesen Melodiepfeifen nicht, sondern soll dort lediglich deren Tonumfang um einen Ton erweitern. Diese Besonderheit machte sich für mich aus folgendem Grunde erforderlich: Entsprechend eines Angebotes vom Palast der Republik in Berlin, hatte ich einen Vertrag als schottischer Dudelsackspieler für eine besonders riesenhaft aufgemachte und mehrfach zu wiederholende Show unterschrieben, in welcher auch „Mull of Kentyre“ gespielt werden sollte.
Bei den ersten Proben musste ich dann aber feststellen, dass der Komponist Thomas Natschinski das Instrumentalarrangement für das begleitende Orchester, offenbar auf Wunsch der bekannten Sängerin Tamara Danz, bereits in F-Dur festgeschrieben hatte. Also in einer Tonart, in der kein normaler schottischer Dudelsack dieses Lied hätte spielen können. Ich sah mich also gezwungen, den Tonumfang meines original schottischen Chanters für diese Auftritte um genau einen Ganzton zu erweitern. Im Zusammenhang mit meinen sonstigen „Klappenbemühungen“ an Dudelsackmelodiepfeifen konnte ich dabei auch die bestätigende Erfahrung machen, dass der schottische Chanter für weiteres „Überblasen“ wohl auch kaum günstig geeignet sein würde.
(07)
Herrn Klopfer hatte ich verschiedentlich in seiner Werkstatt in Zwickau besucht und mir seine weltberühmten „Hobel-Maschinen“ für Doppelrohrblätter zeigen lassen. Neben diesen Spezialitäten hatte er dort aber auch ein besonders effektives Verfahren zur Herstellung nahtloser Oboenhülsen entwickelt. Mein Wunsch nach einem Innenhobel für Blätter in den Maßen der Northumbrian-Small-Pipe konnte von ihm dann aber, auf Grund seines plötzlichen Todes, nicht mehr erfüllt werden.
(08)
Dieses Bedürfnis wurde in den letzten Jahren der DDR auch (und zwar keineswegs nur von meiner Seite her) in der von mir (zuvor noch in der Funktion des vom DDR Minister für Kultur berufenen „Vorsitzenden der Zentralen Arbeitsgemeinschaft für Musikfolklore der DDR“) gegründeten „ZAG Arbeitsgruppe Musikfolkloristisches Instrumentarium“ als ein künftig anzugehendes „Wunschprojekt“ diskutiert.
(09)
Dieser, von mir zurzeit noch „technisch-bastlerisch“ benötigte Bestand an solchen Spezialhülsen sollte also später auch innerhalb des von mir künftig zu hinterlassenden „Nachlass-Restbestandes“ an
Musikalien, welche im Sinne meiner generellen Sammlungsschenkung an die Musikhochschule des Saarlandes natürlich dementsprechend als Bestandteil dieser Sammlungs-Schenkung zu gelten hat, auch besonders beachtet werden.
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Siehe dazu auch den Flyer der Gruppe Windbeutel, welcher als Anhang in meinem Beitrag
„Denke ich heute an Jack Mitchell…“ in: www.bhje.de abgebildet ist.
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Diese Verfahrensweise hatte ich auch eingehend in der Publikation: “Das Hümmelchen – ein altdeutscher Dudelsack“, Leipzig 1990, geschildert.
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Ich muss hier vor allem auf die besonders heftigen Reaktionen von Jochen Schmidt, dem Chef des ASMW Markneukirchen verweisen, welcher damals, angesichts eines meiner aus dieser blauen Gewebefolie gefertigten Säcke mit der unverhüllt wütend prononcierten Formulierung “Wir versuchen hier die traditionellen Methoden der Dudelsackherstellung wieder zu beleben und Du verwendest PVC-Folien!“ reagierte und auch im Weiteren immer wieder, mit einem mir ganz unsinnig erscheinenden Eifer, auf „traditionelle Methoden“ hinaus wollte. Ich habe dabei sein Verhalten immer in einer bestimmten Weise für typisch in Bezug auf bestimmte Erscheinungsformen fortschrittshemmenden konservativen Denkens in der DDR empfunden. Bewusstseinsformen, die sich in einem eigenartigen Mischungsverhältnis von pseudosozialistischem DDR-Engagement und altkonservativen (bis hin zu deutlich politisch rechten) Denk- und Verhaltensstrukturen offenbaren konnten. Und da diese eben auch im Zusammenhang mit den damaligen „Dudelsackaktivitäten“ eine unübersehbare Rolle spielten, möchte ich hier wiederum darauf eingehen, und dabei zwei Aspekte unterstreichen:
Zum einen in Bezug auf das von ihm formulierte „Wir“, auf welches er sich als autoritärer Staatsfunktionär natürlich immer wieder gerne berief, und zum anderen eben in Bezug auf seine, ihm dabei als Staatsfunktionär verliehene Autorität als Fachmann, auf die er sich natürlich ebenfalls stets berufen konnte.
Was das von ihm beanspruchte „Wir“ betrifft, so handelte es sich in diesem Punkt bei ihm um einen in bemerkenswerter Weise politisch engagierten DDR-Bürger, dessen politische Entwicklung allerdings in einer wiederum bemerkenswerten und für bestimmte „DDR-Kader“ keineswegs untypischen Metamorphose verlief. Angesichts, oder etwa auch im Vergleich, zu der noch in den 60/70er Jahren typischen DDR-Losung „Vom Ich zum Wir“, mit welcher damals die Entwicklung in Richtung einer immer sozialistischer werdenden Gesellschaftsordnung überschrieben und propagiert wurde, kann seine politische Entwicklung vielleicht dadurch charakterisiert werden, dass er, im Sinne seiner ihm dann verliehenen staatlichen Funktion, nun das Recht und wohl auch die Pflicht zu haben glaubte, dass sein „Ich“ dieses „Wir“ nun in dem, was es unter seiner Leitung zu wollen und zu tun habe, bestimmen müsse und sich dabei auch aus seinen Machtbefugnissen ergibt, wer letztlich überhaupt zu diesem „Wir“ dazugehören könne. Und seine politische Verantwortung sah er dabei offensichtlich darin, innerhalb der ihm zugeteilten oder dann auch sich selbst zugeordneten „Zuständigkeitsbereiche“ genau in diesem Sinne „Ordnung zu schaffen“. Und so konnte er auch kaum noch auf den Gedanken kommen, dass seine Verantwortlichkeiten im Sinne der DDR sich doch eigentlich nur aus den Interessen des „Wir’s“ herleiten lassen können und dafür auch bestimmte rechtliche Strukturen akzeptiert werden müssen. Für ihn war es dann auch einfach unverständlich, dass etwa ein in ehrlicher Weise im Sinne der DDR engagierter Bürger dabei auf seinen entsprechenden Rechten beharren wollte, wo sich ein solcher doch eigentlich erst einmal „ordentlich unterzuordnen“ hätte. Um diese vielleicht etwas abstrakte Positionsverdeutlichung auch etwas konkreter zu belegen, möchte ich seine Position aus den Zeiten der ersten Diskussionen um Perestroika und Glasnost erwähnen. Damals versuchte ich einmal mit ihm über die inzwischen ganz offensichtlich wahrheitswidrigen Berichterstattungen der DDR–Presse zu diesen Vorgängen in der Sowjetunion zu sprechen, und die Diskussion eskalierte dann bis zu der Fragestellung, ob auch ein Bürger eines sozialistischen Staates die Möglichkeit und eben auch das Recht haben müsse, Staatsinstitutionen verklagen zu können. Eine Frage, die ich selbstverständlich mit einem deutlichen Ja beantworten wollte, wohingegen Jochen Schmidt betonte, dass er sich so etwas überhaupt nicht vorstellen könne. Mich überraschte dies damals keineswegs, denn ich hatte mit ihm bereits eine andere Erfahrung in Hinsicht auf Rechtsbewusstsein und amtlich verliehener Funktionsmacht machen müssen. Als er einmal den Besitz eines besonderen Luftgewehres erwähnte, bemerkte er dazu auch – nicht ohne einen gewissen Stolz – dass dieses Luftgewehr noch von seinem Vater, der nach dem Kriege als Volkspolizist tätig war, einem „Nazi abgenommen“ worden sei. Meine Verwunderung darüber, dass er es nun in seinem Besitz habe, war ihm ganz unverständlich, und meine dann vielleicht tatsächlich etwas überspannte Argumentation dazu fand er empörend und wollte sie zunächst als „typische Philosophenspinnerei“ und zuletzt sogar als persönliche Beleidigung abtun. Wenn ich bedenke, dass sich damals meine Verwunderung innerhalb dieses, dann auch abgebrochenen, Gesprächs natürlich auch mit einer zunehmenden Empörung über sein Unverständnis mischte, so kann vielleicht auch sein „Beleidigtsein“ letztlich verständlich werden. Mir ist aber erst viel später verständlich geworden, dass diese Denkungsart, also Machtbewusstsein über Rechtsbewusstsein zu stellen, bei ihm offenbar bereits viel tiefer ausgeprägt war, als ich es damals für möglich gehalten hätte. Meine Bedenklichkeitsargumentation lief damals darauf hinaus, dass dann aber doch vielleicht auch jeder Kollege seines Vaters sich jedes Nazi-Luftgewehr, welches ihm gefällt, ohne Weiteres aneignen konnte und unter solchen Verhältnissen dann auch ohne weiteres mal einem Kommunisten ein solches, vielleicht besonders hübsches, Luftgewehr abgenommen werden kann, wobei diesem dann mit Gewissheit noch ein ganz anderer Schicksalsschlag bevorstehen wird, denn wer bereits die nicht mehr in Frage zu stellende Macht hat, sich jedermanns Luftgewehr anzueignen, hat dann in solchen Verhältnissen wohl alsbald auch die Macht, festzulegen, wer nun als Kommunist und wer als Nazi zu gelten hat, und so kann der schlichte Besitz eines Luftgewehres letztlich auch jeden Kommunisten in viel stärkere Schwierigkeiten als jeden Nazi bringen, was doch wohl nicht im Sinne eines antifaschistischen Staates sein könne… Ich erinnere mich gut daran, dass es mir damals nicht gelungen ist, etwa mit solchen, doch auch witzig und vielleicht auflockernd zu verstehenden Ausdrücken wie „kommunistisches Luftgewehr“ dieses letztlich kurze Gespräch zu entspannen, und ich weiss auch ganz genau, dass ich dann – obwohl es mir natürlich auf der Zunge lag – doch nicht so weit gegangen bin, nun auch noch zu fragen, ob er sich wirklich sicher sein könne, dass auch sein Luftgewehr nicht vielleicht doch mal ursprünglich ein „kommunistisches“ war. Aber ich hätte mir damals keineswegs vorstellen können, dass sich Jochen Schmidt später einmal genau gerade so verhalten würde, wie ich es in meinen Reflexionen damals nur als das hypothetisch denkbare Verhalten eines in lediglich vorgestellt-angenommener Weise entsprechend korrupten Kollegen seines Vaters bedacht hatte.
Ich weiss von mir, dass ich sicher schon verschiedentlich in meinem Leben auf diese oder ähnliche Art und Weise bestimmte Menschen verschreckt und abgestoßen oder auch bis zur „Weißglut“, sowie vielleicht auch bis zum Gefühl des Beleidigtseins getrieben habe, und wenn ich dabei nur an Dudelsackspieler denke, so steht neben Jochen Schmidt sofort auch ein spezieller Schottomane von der Gruppe „Skye“ vor meinen Augen, der mir dereinst, wütend vorwarf, dass es mir beim Dudelsack „doch immer nur um Politik“ ginge, - ihm aber ginge es nur „um die Sache selbst“. Mein dazu dann unvermeidlicherweise beharrliches Diskutieren darüber, dass er hier zwar in durchaus rationaler Weise meine linke Position richtig erkannt hat, aber nicht rational zu erkennen sein kann, was denn nun für ihn dabei „die Sache selbst“ sei, auch wenn er immer wieder nur wütend betonte, „eben kein Roter zu sein“, musste seine Wut gegen mich wohl ebenfalls weiter eskalieren lassen. Ich glaube aber nicht, dass derartige Eskalationen von persönlichen (und insofern dann vielleicht auch stets irgendwie „erklärbaren“) Wutgefühlen, dann als Erklärungen für danach erfolgende, geradezu unbegreiflich ehrlos-unanständig gezielte Verhaltensweisen gegen die Adressaten solcher Wutgefühle zutreffend sein können. Dazu sind letztlich bereits zuvor ausgeprägte Charakterdeformationen und auch besondere Formen von Gewissenlosigkeit erforderlich, die dann eben auch dazu führen können, dass sich derartig verkorkste Charaktere letztlich auch selbst aktiv zu Intrigen aufraffen, oder aber auch gerne die vorteilsgewährende Position eines Erfüllungsgehilfen, im Rahmen von bereits andererseits bzw. „höhererseits“ zielstrebig vorstrukturierten Intrigen, gegen die bereits fixierten Adressaten ihrer Wut, zuordnen lassen.
In beiden Beispielen waren dann deren Verhaltensweisen innerhalb solcher Strukturen von einem ähnlich hohem Maß abgefeimtester Korruptheit und schlichtester Unanständigkeit gekennzeichnet, auch wenn sich der eine eher mit einer zweifelhaften „politisch linken“ und der andere eher mit einer durchaus weniger anzuzweifelnden „rechten“ Haltung drapierte.
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Ich denke, dass mein Respekt vor den Dudelsackbauaktivitäten von Tibor Ehlers wohl kaum dadurch geschmälert werden kann, dass ich natürlich davon ausgehen muss, dass sowohl seine Aktivitäten, als dann auch die von ihm initiierten Instrumente in Westdeutschland sicherlich in ganz andere politische Zusammenhänge gestellt waren, als etwa meine und auch sonstige Dudelsackaktivitäten in der DDR. Die Beschäftigung mit dem „Egerländer Dudelsack“, also dem deutschen Dudelsackinstrument unter den Böhmischen Dudelsäcken und also dem vielleicht osteuropäischsten Dudelsack unter den deutschen Dudelsäcken, der wiederum in deutlichem Zusammenhang mit den Dudelsäcken der in Deutschland lebenden slawischen Minderheit und den Dudelsäcken des Nachbarlandes Polen steht, war gerade für mich in einer völlig anderen Weise von hochpolitischer Bedeutung, als er das zunächst in Westdeutschland war. Mir war hier die kulturpolitisch völkerverbindende Funktion dieses Instrumentes im Sinne der Politik der DDR das Wesentliche. Und ich war dabei stets der Auffassung, dass ein entsprechend ernstnehmendes und lebendiges Aufnehmen dieses nun auch weiterzuentwickelnden Erbes deutscher Kulturtraditionen letztlich nur im Zusammenhang mit den anderen Grundtypen deutscher Dudelsackgeschichte geschehen sollte, und nur in dieser Weise wirklich sinnvoll völkerverbindend und auch entsprechend vielseitig musikantisch-musikalisch kulturfördernd, im Sinne deutscher und europäischer Musik- und Kulturtraditionen, gestaltet werden könnte. Dabei konnte ich natürlich davon ausgehen, dass eine solche Auffassung, sowie alle entsprechenden Bestrebungen, sich im völligen Einklang mit den Grundanliegen der Politik der DDR befanden, auch wenn sich im politischen Alltag dabei dann immer wieder ganz bestimmte, und später auch in bestimmter Weise deutlich zunehmende Dissonanzen und auch bemerkenswerte „Metamorphosen“ ergaben. Wenn ich im Vergleich dazu den Egerländer Bock in Westdeutschland zu bedenken habe, so wurde dieses Instrument der aus ihrer Egerländer Heimat vertriebenen Deutschen dort, im Sinne seiner „an die Heimat gemahnenden Funktion“, ebenfalls im Einklang mit der offiziellen Politik, in Zusammenhänge eingebunden, welche dann bis in die Gegenwart hinein zu ganz anderen „Dissonanzen“, nämlich bestimmten Unstimmigkeiten und Verklemmungen in den erforderlichen Prozessen der Völkerverständigung führen konnten. Ein solcher „Grundvergleich“ wird aber letztlich doch wenig darüber aussagen, wie solche und andere Dudelsackentwicklungen in Westdeutschland konkret verlaufen sind, welche sonstigen „Einklänge“ und „Dissonanzen“, aber eben auch „Metamorphosen“ es dabei, insbesondere auch im Vergleich zu den andersartigen Entwicklungen in Ostdeutschland, wohl gegeben haben mag. Ich würde eine entsprechend vergleichend angelegte Untersuchung solcher Unterschiede für aufschlussreich halten und kann dabei wieder in besonderer Weise auf den ganz unterschiedlichen „Stellenwert“ verweisen, den dabei die aus Böhmen stammende Dudelsackmusik jeweils hatte, oder auch hätte haben können. Die Gruppe „Windbeutel“ war sicherlich die einzige in der DDR, die auch dezidiert und politisch ganz gezielt „Egerländer Dudelsackmusik“ in ihrem Programm hatte, und wir sind gerade damit auch zum internationalen Dudelsackfestival in Strakonice aufgetreten, wobei es mir, wenn ich dies nun bedenke, wiederum besonders bedenkenswert erscheint, dass wir dies als DDR-Bürger bereits getan haben, lange bevor dann nach dem Zusammenbruch der DDR auch authentischere „Egerländer Dudelsackmusik“, vorgetragen von Egerländer Musikanten aus Westdeutschland, auf diesem Festival erklang. Ich empfand es immer als Manko und als eine Erscheinungsform bedauerlicher politischer Verständnislosigkeit (aber oft eben auch simpler Kulturlosigkeit), dass bezüglich derartiger Kulturzusammenhänge und entsprechend daraus abzuleitender politischer Möglichkeiten und Notwendigkeiten in der DDR offensichtlich kaum Interesse bestand. Natürlich habe ich Wert darauf gelegt, dass solche Lieder ins Programm der Gruppe “Windbeutel“ aufgenommen wurden, aber bei Rundfunkproduktionen, zu denen wir ansonsten immer wieder gebeten wurden, bestand dafür eben ’kein Interesse’.
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Was in dieser Hinsicht die Geschichte des Böhmischen Dudelsackes betrifft, so wird manchmal betont, dass früher insbesondere die Säcke, welche aus dem Fell einer fachgerecht im Winter erjagten Wölfin gefertigt wurden, als die besten galten: Das Fell einer Wölfin sollte es sein, weil dieses weniger Bisswunden aufweisen wird; ein im Winter erjagtes Tier sollte es sein, weil dessen Fell besonders dicht sein wird, und dieses Fell sollte dann natürlich auch möglichst keine „dudelsackgefährdenden“ Jagdverletzungen aufweisen…
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Die meiner Erfahrung nach größten und meiner Meinung nach dabei eben auch „zu großen“ Säcke, sind mir bei den sorbischen Instrumenten begegnet, wo eben auch immer noch die Tradition gilt, möglichst den ganzen Ziegenbalg als Sack zu verwenden und in diesem Sinne auch gerne der Schwanz des Tieres sichtbar am Dudelsack erhalten bleibt. Bestimmte ältere Bilder zu diesen Instrumenten zeigen aber auch noch die vorderen Ziegenbeine am Sack des Instrumentes. Ich kann mir dabei nicht vorstellen, welchen Vorteil im Sinne eines gut funktionierenden Musikinstrumentes dies etwa gehabt haben könnte, sondern sehe eher bestimmte Nachteile, wenn an einem solchen, mit übergroßem Sack ausgestatteten Instrument auch noch zwei Ziegenbeine neben der Melodiepfeife herabhängen. Allerdings kann ich mir sehr gut vorstellen, dass ein solches Instrument mit ’ganzen Vorderbeinen’, falls irgend ein Dudelsackbauer dies heute anfertigen würde, sicherlich alsbald auch interessierte, traditionalistisch gesinnte Käufer finden würde, die diese, dann wiederum optisch besonders auffälligen Sackpfeifen, auch sofort als besondere Folklore-Sensation auf die Bühnen bunten Folkloregeschehens führen würden.
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Ich habe dabei die besten Erfahrungen mit HSS-Reibahlen machen können, welche über unsymmetrisch angeordnete, spiralförmige Schneiden mit langem Anschnitt verfügen.
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Diese Bordunhaltung hatte ich eine Zeit lang bevorzugt, weil sie von Vorteil sein kann, wenn man auf einer mit Mikrophonen bestückten Bühne steht und auch den Bordunklang entsprechend deutlich übertragen haben möchte, denn ein seitlich und etwas tiefer aufgestelltes „Bordunmikrophon“ im Sichtfeld des Spielers ist immer leichter mit den Bordunpfeifen „anzusteuern“ als ein von vorne und oben oder gar von hinten und oben aufgestelltes. Andererseits kann diese seitliche Haltung in höchstem Maße ungünstig sein, wenn sich der Spieler nicht auf einer Bühne, sondern eher im Trubel und Getümmel eines Volksfestes oder auch als Straßenmusikant unter vielen Menschen bewegen möchte und also Gefahr läuft, dass seine in dieser Haltung ohnehin weniger gut hörbaren Bordunpfeifen nun ständig angestoßen oder gar beschädigt werden können. Es sind hier also „Bühnenvorteile“ gegen “Getümmelnachteile“ abzuwägen.
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Die überaus aufwändige Herstellung einer solchen, dann auch möglichst „kleingehaltenen“ Doppelbordunfassung aus Holz habe ich ebenfalls in meiner Arbeit: Das Hümmelchen – ein altdeutscher Dudelsack, Leipzig 1990, eingehend dargestellt.
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Ich habe auch immer wieder gerne auf Dudelsäcken gespielt, die überhaupt keine Bordunpfeifen hatten, da der Bordunton ohnehin bei bestimmten Musikstücken störend wirken kann. Siehe dazu auch: „Allgemeine ’Hintergrund-Anmerkungen’ zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt“.
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